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Entsendung: Steuerregeln für befristete Auslandstätigkeiten

Wer im Auftrag des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin für mehrere Monate in ein anderes Land geschickt wird, muss einige Steuerregeln beachten.

Für Henning geht ein Traum in Erfüllung: Sein Arbeitgeber entsendet ihn für zwei Jahre befristet in einen anderen Staat zum Arbeiten. Neben vielen Vorbereitungen, die Henning jetzt treffen muss, hat er auch Fragen hinsichtlich der Besteuerung. Muss er nun in Deutschland seinen Lohn versteuern oder im Tätigkeitsland?

Die Grundregel besagt, dass natürliche Personen immer dort steuerpflichtig sind, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dabei ist entscheidend, dass sie länger als sechs Monate dort wohnen – egal ob sie eine eigene Wohnung beziehen oder zunächst nur eine Ferienwohnung gemietet haben. Ist dies der Fall, wird das gesamte inländische und ausländische Einkommen dort versteuert, wo man lebt. Diese Regel nennt sich Welteinkommensprinzip.

Übrigens:

Bei Eheleuten gilt, dass ein Ehegatte – sofern die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben – seinen Wohnsitz prinzipiell dort hat, wo seine Familie lebt.

Abkommen schlägt Regel

Zwischen vielen Staaten bestehen Doppelbesteuerungsabkommen, die unter anderem regeln, in welchem Staat Steuern zu zahlen sind, wenn der Tätigkeitsstaat (wo man arbeitet) und der Ansässigkeitsstaat (wo man wohnt) nicht identisch sind. In den meisten Abkommen ist festgelegt, dass Steuern in dem Staat zu entrichten sind, in dem gearbeitet wird. Dabei liegt der Ort der Arbeitsausübung grundsätzlich dort, wo der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin sich zur Ausführung der Tätigkeit persönlich aufhält. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, woher oder wohin die Zahlung des Arbeitslohns geleistet wird oder an welchem Ort der oder die Arbeitnehmende den Wohnsitz hat.

Im Rahmen der Freistellungsmethode werden die entsprechenden Einnahmen dann in Deutschland von der Einkommensteuer regelmäßig freigestellt. Das heißt, dass keine Steuern in Deutschland fällig werden. Allerdings können sie bei der Bemessung des Steuersatzes für eventuelle Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Das Ganze nennt sich Progressionsvorbehalt.

Da Henning für zwei Jahre in einem anderen Staat arbeiten wird, will er auch umziehen. Dadurch wird sein Tätigkeitsstaat auch zum Ansässigkeitsstaat, und in der Regel muss Henning nur noch in seinem Gastland Steuern zahlen, denn ein vermietetes Haus oder andere Einkünfte hat er in Deutschland nicht. Da die Entsendung allerdings auf zwei Jahre beschränkt ist, bleibt er in Deutschland sozialversicherungspflichtig. Das gilt normalerweise für alle EU-Staaten oder Länder des EWR.

Übrigens:

Hält sich ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin weniger als sechs Monate im Tätigkeitsstaat auf und erhält er oder sie den Arbeitslohn aus Deutschland von einem dort ansässigen Unternehmen – also nicht von einer Betriebsstätte des Unternehmers im Tätigkeitsstaat – muss er oder sie weiterhin in Deutschland Steuern zahlen. Mehr dazu in unserem Artikel 183-Tage-Regelung: Was ist das?

Hat der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin allerdings ein Tochterunternehmen mit Sitz im Tätigkeitsland, mit dem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin einen neuen Vertrag abschließt und von dem das Gehalt überwiesen wird, hat er bzw. sie nun einen ausländischen Arbeitgeber und muss im Tätigkeitsland Steuern zahlen – egal wie lange der Aufenthalt dauert.

Länder ohne Abkommen

Hennings Schwester Frederike arbeitet in der Entwicklungshilfe. Sie wird von ihrem deutschen Arbeitgeber befristet in einen afrikanischen Staat entsendet, mit dem Deutschland kein Abkommen hat. Für sie gelten folgende Regeln:

  1. Endsendung kürzer als 6 Monate – Wohnort in Deutschland: Bei befristeten Auslandsentsendungen unter einem halben Jahr kommt es häufig vor, dass der Wohnort in Deutschland beibehalten wird und auch die Familie nicht mit in den Tätigkeitsstaat zieht. In diesem Fall gilt: Jede/r, der in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist in Deutschland mit seinem kompletten Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig.

    Darüber hinaus ist im Falle einer Auslandstätigkeit auch immer das Tätigkeitsland einkommensteuerberechtigt. Voraussichtlich wird das Tätigkeitsland in einem solchen Fall allerdings darauf verzichten.
     
  2. Entsendung kürzer als 6 Monate – Wohnort im Ausland: Wer ungebunden ist und gerne umzieht, kann auch bei einer kurzen Auslandsentsendung seinen Wohnort zum Tätigkeitsort verlegen. Dabei gilt: Dauert eine Auslandstätigkeit weniger als 183 Tage, ist man trotz Umzug auch weiterhin in Deutschland steuerpflichtig – wenn man hier im restlichen Jahr seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

    Darüber hinaus ist im Falle einer Auslandstätigkeit auch immer das Tätigkeitsland einkommensteuerberechtigt.
     
  3. Entsendung länger als 6 Monate – Wohnort in Deutschland: Auch bei einer befristeten Entsendung, die länger als ein halbes Jahr dauert, kann es vorkommen, dass der Wohnsitz nicht verlegt wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es im sich um einen Auslandseinsatz handelt und der Arbeitnehmer oder dei Arbeitnehmerin am Tätigkeitsort vom Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin untergebracht wird. Für diese Personengruppe gilt in der Regel, dass sie weiterhin mit ihrem kompletten Einkommen in Deutschland steuerpflichtig sind.

    Darüber hinaus ist im Falle einer Auslandstätigkeit auch immer das Tätigkeitsland einkommensteuerberechtigt. Arbeitnehmende haben allerdings die Möglichkeit, sich die im Tätigkeitsland gezahlte Steuer in Deutschland anrechnen zu lassen.
     
  4. Entsendung länger als 6 Monate – Wohnort im Ausland: Sind Arbeitnehmer/innen für ein internationales Unternehmen tätig und werden befristet entsendet, nutzen sie häufig die Möglichkeit als Expatriates mit der ganzen Familie in einem anderen Land leben zu können – auch wenn es nur für ein bis zwei Jahre ist. Dabei gilt, dass man sein gesamtes Einkommen im Tätigkeitsland versteuern muss. In Deutschland sind sie nur noch beschränkt steuerpflichtig, wenn beispielsweise das Haus vermietet wird, sie also Einkünfte im Heimatland haben.

Anrechnungsmethode

Arbeitet ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin in einem Staat, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, kann er bzw. sie die im Ausland festgesetzte, entrichtete und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anrechnen lassen. Die ausländische Steuer wird dabei nur bis zur einem Höchstbetrag angerechnet, der nach der Formel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG berechnet wird.


Auf Frederikes befristeten Auslandsaufenthalt trifft Variante a) zu, denn sie wird nur vier Monate in Afrika verbringen und in einer Unterkunft ihres Arbeitgebers leben. Sie bleibt daher in Deutschland steuerpflichtig.

Wichtig zu wissen: Wer in Deutschland steuerpflichtig ist, kann auch bei einer Entsendung seine Werbungskosten absetzen. Dazu gehören beispielsweise Fahrt-, Übernachtungs- und Reisenebenkosten sowie Ausgaben für eine doppelte Haushaltsführung – wenn diese der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin nicht übernimmt. Zudem lässt sich für die ersten drei Monate der Auslandsentsendung der Verpflegungsmehraufwand geltend machen.

Auslandstätigkeitserlass: Steuerfreiheit für bestimmte Tätigkeiten

Durch einen Auslandstätigkeitserlass (ATE) hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit, unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer/innen, die im Ausland tätig sind, komplett von der Besteuerung auszunehmen.

Ein Auslandstätigkeitserlass ist allerdings nur möglich, wenn

  • es sich um eine/n inländische/n Arbeitgeber/in handelt,
  • mit dem Land kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht,
  • die Dauer der Tätigkeit ununterbrochen über drei Monate dauert und
  • die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Aufstellung oder Instandhaltung von Wirtschaftsgütern steht, dem Aufsuchen oder der Gewinnung von Bodenschätzen gilt oder Entwicklungshilfe geleistet wird.

Auf Frederike treffen diese Bedingungen zu und dank Auslandstätigkeitserlass muss sie für ihre Arbeit in Afrika gar keine Steuern zahlen. Ihr Bruder Henning hingegen arbeitet für ein ganz normales Unternehmen und er reist zudem in ein Land mit Abkommen. Er bleibt steuerpflichtig.

Übrigens:

Für Entwicklungshelfer/innen, den Katastrophenschutz oder Soldaten und Soldatinnen gibt es einige Zuschläge für eine Auslandstätigkeit, die häufig steuerfrei sind.

Auslandszulagen als Anreiz für Entsendungen

Henning wollte schon immer mal in einem anderen Staat arbeiten. Daher hätte es weitere Anreize eigentlich gar nicht gebraucht. Dennoch hat sein Arbeitgeber ihm zugesagt, dass er sowohl die Umzugskosten für die ganze Familie als auch die Schulgebühr für Hennings Kinder zahlen wird. Und auch ein Dienstwagen wäre möglich gewesen, doch er wird seinen Familienvan ins Gastland mitnehmen. Steuerfrei sind diese Auslandszulagen allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Mehr dazu in unserem Artikel Was ist ein geldwerter Vorteil?

Kaufkraftzuschlag: Steuerfrei bei befristeter Tätigkeit

Wer im Auftrag des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin vorübergehend einer Auslandstätigkeit nachgeht, kann einen steuerfreien Kaufkraftzuschlag bekommen. Denn in vielen Ländern sind die Lebenshaltungskosten höher als in Deutschland. Dieser Kaufkraftzuschlag kann bis zu 40 Prozent des Arbeitslohns betragen.

Doch damit das zusätzliche Geld des Chefs oder der Chefin auch tatsächlich steuerfrei bleibt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der/Die Arbeitnehmer/in hat den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Tätigkeitsstaat. (Davon geht man aus, wenn der/die Arbeitnehmer/in für mindestens sechs Monate entsandt wird.)
  • Der dienstliche Auslandsaufenthalt ist befristet.
  • Der Kaufkraftzuschlag wird als gesonderter Lohnbestandteil auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesen.

Die Höhe des Kaufkraftzuschlags hängt von dem Land ab, in das der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin geschickt wird. In Schweiz gibt es seit September 2023 beispielsweise bis zu 25 Prozent und in Japan bis zu 20 Prozent des Arbeitslohns. Aber nicht für jedes Land gibt es einen steuerfreien Zuschlag. Wer zum Beispiel in Spanien, Luxemburg oder Marokko arbeitet, geht leer aus.

Das Bundesfinanzministerium legt in der Regel vierteljährlich die Sätze für den Kaufkraftzuschlag fest.

Übrigens:

Steigt ein Kaufkraftzuschlag rückwirkend, darf der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin den Mitarbeitenden zu viel einbehaltene Lohnsteuer erstatten. Sinkt der Satz rückwirkend, muss der/die Arbeitnehmer/in aber nichts zurückzahlen.

Das ganze Thema Auslands-Entsendung und Steuer ist Ihnen zu kompliziert? Unsere Beraterinnen und Berater kennen sich aus und übernehmen Ihre Steuererklärung für Sie. Schauen Sie in unsere Beratersuche.

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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