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Behindertengerechter Umbau: So setzen Sie die Kosten ab

Ob behindertengerechtes Bad oder behindertengerechtes Auto, ein Umbau ist teuer. So können Sie den Fiskus an den Kosten beteiligen.

Eine schwere Krankheit oder ein Unfall können das ganze Leben verändern und sind nicht selten Ursache einer Behinderung. Betroffenen ist es oft nicht mehr möglich, ohne fremde Hilfe oder Umbaumaßnahmen in den eigenen vier Wänden den Alltag zu meistern. Die Kosten für ein barrierefreies Bad, einen Treppenlift oder einen Fahrzeugumbau können schnell in die Höhe schnellen.

Immerhin: Wer zwangsläufig und notwendigerweise barrierearm umbauen muss, kann nicht nur mit Zuschüssen vom Staat rechnen, sondern gegebenenfalls auch einen Teil der Kosten in der Steuererklärung eintragen – und zwar als außergewöhnliche Belastung.

Es gibt allerdings zwei Einschränkungen:

  1. Bekommen Sie einen Zuschuss von der Pflegekasse für den behindertengerechten Umbau, müssen Sie die Erstattungen von Ihren Kosten abziehen.

  2. Nur die Kosten, die nach Abzug der Erstattungen oder Zuschüsse übrig bleiben und eine sogenannte zumutbare Belastung überschreiten, dürfen Sie von der Steuer absetzen.

Achtung: Dies gilt nicht für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden.

Behindertengerechter Fahrzeugumbau

Schwenksitz, Lenkhilfen wie ein Drehknopf oder Rollstuhlrampe: Dank neuester Technik können viele Menschen mit Behinderung im Alltag mobil bleiben. Doch das ist kein billiges Vergnügen. Falls weder die Krankenkasse, noch die Pflegekasse die Kosten übernehmen, kann die behindertengerechte Umrüstung eines Pkws von der Steuer abgesetzt werden. Seit dem 28. Mai 2010 erlaubt das Bayerische Landesamt für Steuern sogar den Abzug der Kosten in voller Höhe im Jahr der Zahlung – also alles auf einen Schlag (Aktenzeichen S 2284.1.1-2/6 St 32).

Bis 2010 konnten die Kosten für einen behindertengerechten Umbau des Autos nicht auf einen Rutsch in dem Jahr abgesetzt werden, in dem die Kosten angefallen sind. Man musste vielmehr die Ausgaben für den Fahrzeugumbau über mehrere Jahre hinweg abschreiben und das auf die Restnutzungsdauer des Fahrzeugs verteilt. Was Nutzungsdauer bedeutet? Nun, bei einem Neuwagen geht das Finanzamt davon aus, dass man ihn sechs Jahre lang nutzt. Rüstete man also den Neuwagen direkt nach dem Kauf um, musste man die Kosten auf sechs Jahre gleichmäßig aufteilen und jedes Jahr in der Steuererklärung eintragen.

Übrigens:

Die Kosten für den behindertengerechten Umbau einer Motoryacht können Sie nicht von der Steuer absetzen. Das entschied das Niedersächsische Finanzgericht (Aktenzeichen 2 K 176/13). Im Gegensatz zu einem behindertengerechten Bad oder einer Rollstuhlrampe entstehen die Kosten für den Umbau einer Yacht nicht zwangsläufig. Im konkreten Fall urteilten die Richter/innen, dass die Motoryacht zum einen kein "existenziell notwendiger Gegenstand" des Klägers sei. Zum anderen sei das Boot ein Hobby und diene der Freizeitgestaltung, "welche deutlicher dem rein privaten und damit steuerrechtlich irrelevanten Bereich zugeordnet werden kann", so die Niedersachsen. Der Kläger hätte zu jedem Zeitpunkt die Entscheidungsfreiheit gehabt, sich ein anderes Hobby zu suchen oder sein bisheriges Hobby aufzugeben.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Entscheidung am 02. Juni 2015 bestätigt: Die Umbaukosten einer Yacht seien "in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens", so die Richter/innen des höchsten Steuergerichts (Aktenzeichen VI R 30/14).

Behindertengerechter Umbau am Haus

Menschen mit Behinderung benötigen oft eine barrierefreie Wohnung. Doch die wenigsten Wohnungen oder Häuser sind bereits behindertengerecht, dementsprechend stehen kleinere oder größere Umbaumaßnahmen an. Die Kosten dafür sind in der Regel als außergewöhnliche Belastung absetzbar.

Erstritten hat dieses Recht ein Mann, der 1999 nach einem Schlaganfall stark gehbehindert war. Statt in ein Pflegeheim zu ziehen, wollte er zusammen mit seiner Frau im eigenen Haus bleiben. Dazu ließen die beiden ihr Einfamilienhaus umbauen: Eine Rollstuhlrampe, ein behindertengerechtes Bad und die Umwandlung des Arbeitszimmers in ein Schlafzimmer – Kostenpunkt damals um die 140.000 D-Mark, also etwa 70.000 Euro.

Weil die Krankenkasse keinen Euro davon bezahlte, gab das Ehepaar die Summe in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung an. Doch das zuständige Finanzamt lehnte ab. Begründung: Laut Gesetz sei die Absetzbarkeit solcher Kosten ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige durch seine Ausgaben einen "Gegenwert" erhalte.

Doch ein körperlich schwer Beeinträchtigter lässt sein Haus nicht aus Lust am Luxus behindertengerecht umbauen, wie der BFH im Oktober 2009 entschied (Aktenzeichen VI R 7/09). Der erlangte Gegenwert trete im konkreten Fall in den Hintergrund, so die Richter/innen.

Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück

Im Gegensatz dazu steht ein weiteres Urteil des BFH in Sachen Grundstückkauf: Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück entstehen nicht zwangsläufig, weil ein Mensch krank oder behindert ist. Die Mehrkosten seien vielmehr der frei gewählten Wohnungsgröße und des Wohnflächenbedarfs des Steuerpflichtigen geschuldet. Das hat der BFH in einem Urteil (Aktenzeichen VI R 42/13) vom 17. Juli 2014 klar gestellt. Entsprechend können Menschen mit Behinderung die Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück nicht als außergewöhnliche Belastung absetzen.

Übrigens:

Sie haben barrierearm umgebaut und möchten die Kosten von der Steuer absetzen? Unsere Beraterinnen und Berater übernehmen das gerne für Sie. Finden Sie hier eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe: Beratersuche.

 

Quellen

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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