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Krankenkassenprämie mindert nicht den Sonderausgabenabzug

Bekommen Sie von Ihrer Krankenkasse eine Prämie oder einen Bonus, müssen Sie diese Summe nicht in der Steuererklärung angeben. Allerdings gibt es Unterschiede in der Beurteilung der Boni.

Viele Krankenkassen haben Bonusprogramme und belohnen damit gesundheitsbewusstes Verhalten. Wer beispielsweise regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen geht und Sport treibt, bekommt dafür Geld- oder Sachprämien. Diese Prämien oder Boni der Krankenkassen müssen nicht mehr in der Anlage Vorsorgeaufwand der Steuererklärung eingetragen werden. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 1. Juni 2016 (Aktenzeichen X R 17/15) entschieden. Im Mai 2020 hat der BFH dies nochmals bekräftigt, aber auch deutlich gemacht, dass klar unterschieden werden muss, ob es sich tatsächlich um eine zusätzliche Leistung der Krankenkasse oder um eine Beitragserstattung handelt (Aktenzeichen X R 16/18).

BFH: Bonuszahlung ist keine Erstattung der Beiträge

Die Richter/innen des BFH begründeten ihre Entscheidung im Sommer 2016 damit, dass die Bonuszahlungen oder Prämien der Krankenkassen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes stünden. Eine Bonuszahlung sei vielmehr eine „Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen“. Die Konsequenz: Die Erstattungen der Krankenkasse in Form von Boni oder Prämie müssen nicht mehr in der Steuererklärung eingetragen werden.

Die Krankenkassen übermitteln aktuell den Finanzämtern im Wege des Kontrollmeldeverfahrens alle Bonuszahlungen und Prämien als „erstattete Beiträge“. Die Richter des BFH stellten bei der Urteilsbegründung aber klar, dass dies unerheblich sei. Es handelt sich nicht um die Erstattung von Beiträgen.

BMF: Beitragsrückerstattung versus Kostenerstattung

So weit, so gut. Am 6. Dezember 2016 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium (BMF) seinerseits ein Schreiben zum Sonderausgabenabzug bei Bonuszahlungen. Dort stand: Nur wenn ein/e Versicherte/r Kosten für Gesundheitsmaßnamen von der Krankenkasse erstattet bekommt, die er bzw. sie vorab privat finanziert hat, handelt es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Diese sogenannten Kostenerstattungsfälle müssten demnach nicht in der Steuererklärung eingetragen werden. Bekommt der bzw. die Versicherte allerdings eine Bonuszahlung, ohne dass ihm im Vorfeld Kosten entstanden sind, sollen die Boni oder Prämien weiterhin den Sonderausgabenabzug schmälern.

Finanzbehörden bitten Krankenkassen um Differenzierung

Ob die oben genannten Grundsätze im Einzelfall erfüllt sind, ist für das Finanzamt aus den übermittelten Daten allerdings nicht ersichtlich. Alle Beitragserstattungen, Geldprämien oder Sachprämien aus Bonusprogrammen sowie Kostenerstattungsfälle werden als sonderausgabenmindernde Beitragsrückerstattung gemeldet.

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben daher die gesetzlichen Krankenversicherungen gebeten, bei den von ihnen angebotenen Bonusprogrammen festzustellen, ob die Voraussetzungen der BFH-Entscheidung erfüllt sind. Im Laufe des Jahres 2017 wollten die Krankenversicherungen die betroffenen Versicherten ermitteln und diesen Papierbescheinigungen ausstellen. Diese Bescheinigung sollte beim zuständigen Finanzamt eingereicht werden und zu einer Korrektur der bislang elektronisch übermittelten Beitragsrückerstattungen führen. 

Das heißt: Versicherte, die keine Papierbescheinigung von ihrer Krankenversicherung erhalten haben, können davon ausgehen, dass die Bonusleistungen aus dem Bonusprogramm, an dem sie teilgenommen haben, von der Neuregelung nicht betroffen sind. (Quelle: Bundesfinanzministerium)

Übrigens:

Bei einigen Krankenkassen, die Überschüsse erwirtschaftet haben, bekommen die Mitglieder eine Dividende ausgezahlt. Mit der Dividende verhält es sich anders als mit Bonuszahlungen oder Prämien, denn die Dividende gilt steuerrechtlich als zurückgezahlter Beitrag. Das bedeutet, dass es sich dabei um Beitragsrückerstattungen handelt, die den Sonderausgabenabzug mindern.

BFH: Krankenkassenbonus ist nicht gleich Krankenkassenbonus

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 6. Mai 2020 nochmals bekräftigt, dass ein von der Krankenkasse gezahlter Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge mindert. Allerdings nur, wenn damit ein finanzieller Aufwand des/der Steuerpflichtigen ausgeglichen oder zumindest teilweise abgedeckt wird. Und wenn deutlich wird, dass es sich um eine zusätzliche Leistung der Krankenkasse und nicht um eine Beitragserstattung handelt.

Im besagten Fall hatte ein gesetzlich Krankenversicherter verschiedene Geldprämien als Pauschalen von seiner Krankenkasse erhalten, und zwar für „gesundheitsbewusstes Verhalten“. Er hatte zum Beispiel einen Gesundheitscheck und eine Zahnvorsorgeuntersuchung durchlaufen, war außerdem Mitglied in einem Sportverein sowie in einem Fitnessstudio und erbrachte zudem einen Nachweis über sein "gesundes Körpergewicht". Dafür erhielt er verschiedene Prämien von der Krankenkasse, insgesamt kamen 230 Euro zusammen.

Finanzamt wertet Geldprämien als Beitragserstattung

Das zuständige Finanzamt bekam die entsprechenden Daten von der Krankenkasse übermittelt und wertete die Geldprämien komplett als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen. Deshalb minderte das Finanzamt den Sonderausgabenabzug des Steuerpflichtigen.

Der Mann legte erfolglos Einspruch gegen die Entscheidung des Finanzamts ein und klagte schließlich. Das zuständige Finanzgericht entschied zu seinen Gunsten. Tenor des Urteils: Die Boni sind keine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und mindern somit auch nicht den Sonderausgabenabzug.

BFH besteht auf differenzierte Betrachtung der Boni

Das Finanzamt legte Revision ein, so landete der Fall vor dem BFH – und dieser hob den Beschluss des Finanzgerichts auf. Und zwar deshalb, weil das Finanzgericht nicht hinreichend geklärt habe, in welcher Höhe die dem Kläger für die einzelnen Maßnahmen gezahlten Boni als zusätzliche Leistungen der Krankenkasse oder als den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattungen einzuordnen sind, so die BFH-Richter/innen. Sie bestehen auf eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Boni. Das muss nun im weiteren Rechtsgang nachgeholt werden.

Die BFH-Richter/innen betonten, es müsse auf jeden Fall zwischen den verschiedenen Boni unterschieden werden. Beispiel: Sofern der Kläger im Bonusbereich „Private Vorsorge“ für die von ihm in Anspruch genommenen Maßnahmen konkrete Kosten getragen hat, stellen die hierfür gezahlten Boni nach Meinung des BFH zusätzliche Leistungen seiner Krankenkasse dar. Das gilt auch für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und im Sportverein, was zum Bonusbereich „Aktive Lebensweise“ zählt. In diesen Fällen mindern die Boni nicht den Sonderausgabenabzug.

Dagegen ist der für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts gewährte Bonus laut BFH als Beitragserstattung zu werten. Das gilt ebenfalls für die im Bereich „Gesetzliche Vorsorge“ gezahlten Boni für einen Gesundheitscheck sowie für Zahnvorsorge, sofern für den Kläger kein eigener finanzieller Aufwand angefallen ist. In diesen Fällen mindern die Boni den Sonderausgabenabzug.

Krankenkassenbonus: Erstattung oder zusätzliche Leistung?

Wer es noch genauer wissen möchte: Die 230 Euro, die der Kläger in dem oben beschriebenen Fall von der Krankenkasse als Prämie erhielt, setzten sich aus zehn verschiedenen Boni zusammen. Und zu jedem einzelnen Bonus gaben die BFH-Richter eine Einschätzung ab, ob es sich Ihrer Meinung nach um eine zusätzliche Leistung oder eine Beitragserstattung handelt:

Aktivitäten des
Versicherten
Gezahlter
Bonus
Beurteilung
des BFH
Gesundheits-Check-Up 10 Euro Gesetzliche Vorsorge, kein eigener
finanzieller Aufwand = Beitragserstattung
Zahnvorsorge 10 Euro Gesetzliche Vorsorge, kein eigener
finanzieller Aufwand = Beitragserstattung
Glaubkomuntersuchung 20 Euro Private Vorsorge, wahrscheinlich eigener
finanzieller Aufwand = zusätzliche Leistung
PSA-Test 20 Euro Private Vorsorge, wahrscheinlich eigener
finanzieller Aufwand = zusätzliche Leistung
Haut-Check 20 Euro Private Vorsorge, wahrscheinlich eigener
finanzieller Aufwand = zusätzliche Leistung
Professionelle Zahnreinigung 50 Euro Private Vorsorge, wahrscheinlich eigener finanzieller Aufwand = zusätzliche Leistung             
Mitgliedschaft Fitnessstudio 30 Euro Aktive Lebensweise, eigener finanzieller
Aufwand = zusätzliche Leistung
Mitgliedschaft
Sportverein
30 Euro Aktive Lebensweise, eigener finanzieller
Aufwand = zusätzliche Leistung
Teilnahme
Sportveranstaltung
20 Euro Aktive Lebensweise, eigener finanzieller
Aufwand = zusätzliche Leistung
Gesundes Körpergewicht 20 Euro Aktive Lebensweise, kein eigener finanzieller
Aufwand = Beitragserstattung

Fazit:

Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei Bonuszahlungen von Krankenkassen differenziert zu prüfen, ob es sich um einen Ersatz der dem/der Versicherten entstandener Aufwendungen handelt, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten sind (§ 65a SGB V), oder aber ob Bonuszahlungen vorliegen, die bei der Durchführung bestimmter Programme oder für ein bestimmtes Verhalten gezahlt beziehungsweise erstattet werden.

Da grundsätzlich von Bonuszahlungen auszugehen ist, die von den gezahlten Beiträgen abzuziehen sind, muss im Zweifelsfall durch eine Bescheinigung der Krankenkasse nachgewiesen werden, dass es sich um einen Ersatz von Aufwendungen handelt, die im üblichen Versicherungsumfang nicht enthalten sind und nicht als Beitragsrückerstattung gewertet werden.

Um das Ganze zu vereinfachen hat das BMF Ende 2021 ein Schreiben herausgegeben, in dem steht, dass Bonuszahlungen auf Grundlage von § 65a SGB V bis zur Höhe von 150 Euro pro versicherter Person Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darstellen. Übersteigen die Bonuszahlungen diesen Betrag, liegt in Höhe des übersteigenden Betrags eine Beitragsrückerstattung vor. Etwas anderes gilt nur, soweit der/die Steuerpflichtige nachweist, dass Bonuszahlungen von mehr als 150 Euro auf Leistungen der GKV gemäß Rz. 89 beruhen. Diese Regelung gilt für bis zum 31. Dezember 2023 geleistete Zahlungen.

So kam es zum Urteil des BFH und zum BMF-Schreiben

Seit dem Bürgerentlastungsgesetz vom 1. Januar 2010 sind alle selbst gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steuerlich abzugsfähig. In der Regel führt das zu einer steuerlichen Vergünstigung. Der Gesetzgeber hatte allerdings auch vorgeschrieben, dass sowohl die Geld- als auch die Sachprämien von den selbst gezahlten Beiträgen abgezogen werden müssen. Das sah das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz anders.

FG Rheinland-Pfalz: Keine Gleichartigkeit bei Bonuszahlungen

Die Richter/innen aus Rheinland-Pfalz entschieden mit Urteil vom 28. April 2015 (3 K 1387/14), dass Bonuszahlungen nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge mindern. Eine Verrechnung der Boni mit den Beiträgen setze eine "Gleichartigkeit" voraus. Diese bestehe aber zwischen Bonuszahlungen und Krankenversicherungsbeiträgen nicht, denn die Bonuszahlung diene nicht der Erlangung des Versicherungsschutzes. Das FG Rheinland-Pfalz ließ aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zu, der Fall wanderte vor den BFH. Dort haben dann, wie oben beschrieben, die Richter/innen den Kollegen und Kolleginnen aus Rheinland-Pfalz den Rücken gestärkt.

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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