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Menschen mit Behinderung: Jetzt Steuervorteile sichern

Menschen mit Behinderung stehen Vergünstigungen zu. Was viele nicht wissen: Das gilt auch im Steuerrecht. Wir zeigen Ihnen die acht wichtigsten Vorteile.

7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen lebten Ende 2021 in Deutschland. Damit waren 9,4 Prozent der gesamten Bevölkerung in Deutschland schwerbehindert. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt.

Doch wann ist man behindert? Das Sozialgesetzbuch definiert es so: Menschen sind behindert, wenn ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Das ist der Fall, wenn „ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht“.

Wie stark ein Mensch beeinträchtigt ist, zeigt der "Grad der Behinderung" (GdB). Er kann zwischen 20 und 100 liegen und wird von einem ärztlichen Gutachter festgestellt. Ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor, es gibt dann einen entsprechenden Ausweis. Wer einen GdB von 20, 30 oder 40 hat, kann beim Versorgungsamt eine Bescheinigung beantragen.

Übrigens:

Wichtig für die Steuererklärung: Nur mit Schwerbehindertenausweis oder Bescheinigung erhalten Sie als Mensch mit Behinderung Steuervergünstigungen. Also unbedingt beantragen!

Steuervergünstigungen gleichen finanzielle Nachteile aus

Oft haben Menschen mit Behinderung eine höhere finanzielle Belastung als Otto-Normalbürger/innen. Sie benötigen zum Beispiel speziellen Wohnraum oder haben höhere Krankheitskosten. Um diese behinderungsbedingten Nachteile oder Mehraufwendungen abzumildern, werden Menschen mit Behinderung sogenannte Nachteilsausgleiche gewährt.

Auch der Fiskus räumt Menschen mit Behinderung eine Reihe von Vergünstigungen ein. Wir geben Ihnen einen Überblick:

1. Behinderten-Pauschbetrag für typische Kosten

Bei einer Behinderung entstehen ganz regelmäßig "typische" Kosten zum Beispiel für Medikamente, Hilfsmittel wie einen Rollstuhl oder den erhöhten Wäschebedarf. Für diese Kosten können Sie den sogenannten Behinderten-Pauschbetrag nutzen. Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich nach dem GdB. Bei einem GdB von beispielsweise 100 lag er bis 2020 bei 1.420 Euro im Jahr, seit 2021 bei 2.840 Euro.

2. Alternativ typische Kosten einzeln nachweisen

Nehmen wir an, Sie müssen pro Jahr mehr Geld ausgeben, als die Pauschale abdeckt. Dann können Sie die Kosten auch einzeln als außergewöhnliche Belastung absetzen. Nachteil: Sie müssen jede einzelne Ausgabe mit Rechnungen nachweisen. Außerdem bringen Ihnen steuerlich gesehen außergewöhnliche Belastungen nur etwas, wenn sie die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. 

Pflege- und Betreuungsleistungen können Sie darüber hinaus als haushaltsnahe Dienstleistung absetzen. Sie müssen also genau nachrechnen, was sich für Sie lohnt: die Pauschale oder der Einzelnachweis.

Übrigens:

Menschen mit Behinderung haben bei den typischen Kosten also ein Wahlrecht – entweder nutzen sie die Pauschale oder weisen die Kosten einzeln nach. Der Bundesfinanzhof, Deutschlands höchstes Gericht für Steuern, hat in einem Urteil betont, dass Menschen mit Behinderung das Wahlrecht allerdings auch nutzen müssen. So sei es nicht möglich, den Behinderten-Pauschbetrag zu wählen und zusätzlich dazu noch haushaltsnahe Dienstleistungen für Pflegeleistungen in der Steuererklärung einzutragen.

Mit diesem Urteil möchten die Richter verhindern, dass Steuerzahler/innen bestimmte Kosten doppelt von der Steuer absetzen. Denn der Behinderten-Pauschbetrag deckt pauschal viele Kosten ab, die Menschen mit Behinderung haben – so zum Beispiel auch Ausgaben für Pflege.

3. Anerkennung weiterer Kosten als außergewöhnliche Belastung

Egal, ob Sie sich bei den typischen Kosten für den Pauschbetrag oder den individuellen Nachweis entscheiden – unregelmäßige und besondere Kosten können Sie zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen angeben. Dazu gehören die Kosten einer Kur, außerordentliche Krankheitskosten (zum Beispiel für eine Krankheit, die nicht mit der Behinderung zusammenhängt), Aufwendungen für Pflegebedürftigkeit oder für eine Haushaltshilfe. Sie dürfen diese Kosten allerdings nur in Ihre Steuererklärung eintragen, wenn sie nicht von einem Dritten – wie zum Beispiel der Krankenkasse – übernommen worden sind.

4. Fahrtkosten zur Arbeit sind Werbungskosten

Menschen mit Behinderung können bei Fahrten zur Arbeit anstatt der Pendlerpauschale die tatsächlich gefahrenen Kilometer als Werbungskosten absetzen. Das heißt: Sie dürfen die Kilometer sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg angeben. Zusätzlich können Sie auch die Parkgebühren in Ihrer Steuererklärung eintragen. Das gilt für Menschen mit einem GdB von mindestens 70 oder einem GdB von 50 bis 70, wenn sie in ihrer Bewegungsfähigkeit erheblich eingeschränkt sind. Das kennzeichnen die Buchstaben "G" (geh- und sehbehindert) oder "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) im Behindertenausweis.

Doch Vorsicht: Wird im Laufe eines Jahres der Grad der Behinderung von 80 oder mehr auf weniger als 50 herabgesetzt, wird das entsprechend in Ihrem Bescheid vermerkt. Sie müssen das dann auch ab diesem Zeitpunkt in Ihrer Steuererklärung berücksichtigen. Das gilt nicht nur für Fahrten zur Arbeit, sondern auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

5. Privatfahrten mit dem Pkw sind außergewöhnliche Belastungen

Menschen mit Behinderung können auch Privatfahrten als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen. Allerdings nur in einem angemessenen Rahmen. Doch was ist angemessen? Das erklärt Ihnen unser Artikel zum Thema Fahrtkosten für Privatfahrten.

Seit 2021 wird in einem neuen Gesetz eine behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschale geregelt. Das heißt: Haben Sie einen GdB von mindestens 80 oder einen GdB von mindestens 70 und das Merkzeichen "G" können Sie eine Pauschale von 900 Euro für Ihre Fahrtkosten nutzen. Menschen mit dem Merkzeichen "aG", mit dem Merkzeichen "Bl" oder mit dem Merkzeichen "H" steht ein Pauschbetrag von 4.500 Euro zu.

6. Behindertengerechter Umbau gilt als außergewöhnliche Belastung

Rollstuhlrampe oder ein behindertengerechtes WC – oft sind einige Umbauten nötig, damit ein Mensch mit Behinderung sich in seinen eigenen vier Wänden ohne fremde Hilfe bewegen oder ein Auto selbst nutzen kann. Die Kosten für den behindertengerechten Umbau können Sie als außergewöhnliche Belastung absetzen.

Übrigens

Blinde und stark sehbehinderte Menschen haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine zusätzliche finanzielle Hilfe. Mehr dazu in unserem Artikel Blindengeld: Steuerfreie Unterstützung.

7. Kinder mit Behinderung sind ohne Altersgrenze begünstigt

Für ein Kind mit Behinderung bekommen Sie Kindergeld oder den Kinderfreibetrag und können Kinderbetreuungskosten absetzen – ganz egal, wie alt Ihr Kind ist. Voraussetzung: Die Behinderung des Kindes ist vor dem 25. Geburtstag eingetreten und das Kind ist nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen.

Außerdem haben auch Kinder mit Behinderung Anspruch auf den Behinderten-Pauschbetrag. Nimmt das Kind ihn nicht selbst in Anspruch, können die Eltern den Pauschbetrag auf sich übertragen lassen. Weitere nützliche Informationen haben wir Ihnen in unserem Artikel Kind mit Behinderung zusammengestellt.

Übrigens:

Ihre VLH-Beraterin oder Ihr VLH-Berater unterstützt Sie gerne bei Ihrer Steuererklärung. Werden Sie Mitglied und lassen Sie sich die Steuererklärung einfach von uns machen! Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie hier: Beratersuche.

8. Azubis mit Behinderung können Ausbildungsgeld beantragen

Wenn Sie eine spezielle Ausbildung für Menschen mit Behinderungen machen, können Sie Ausbildungsgeld beantragen – nicht zu verwechseln mit dem Ausbildungsgehalt. Bei diesem Geld handelt es sich nämlich um eine Sozialleistung, die Sie bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen können, um Ihren Lebensunterhalt während der Teilnahme an einer geförderten Maßnahme zur Berufsvorbereitung oder Berufsausbildung zu sichern.

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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