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Nichtanwendungserlass im Steuerrecht – was ist das?

Ist eine vom Bundesfinanzhof getroffene Entscheidung in Stein gemeißelt und stets auf andere Fälle übertragbar? Antwort: Nicht immer, denn dafür gibt es den sogenannten Nichtanwendungserlass im Steuerrecht.

Nichtanwendungserlass im Steuerrecht - was ist das?

Der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt sich regelmäßig mit Streitfällen zwischen Steuerzahler/innen und Finanzamt, und zwar nachdem die Fälle in erster Instanz vor dem Finanzgericht verhandelt wurden und Revision zugelassen wurde. Der BFH ist die höchste Instanz in Sachen Steuern. Viele seiner Entscheidungen gelten sozusagen als grundsätzlich und somit auf andere, ähnlich gelagerte Fälle anwendbar.  Anders ausgedrückt: Zwar beziehen sich die BFH-Urteile eigentlich nur auf den direkt im jeweiligen Verfahren behandelten Streitfall. Allerdings werden diese häufig auf ähnliche Fälle übertragen und sogar in die Steuerrichtlinien oder Verwaltungsanweisungen übernommen.

Das Wichtigste zum Nichtanwendungserlass in Kürze:

  • BFH-Urteile werden häufig auf ähnliche Fälle angewendet, können jedoch durch einen Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministeriums eingeschränkt werden.
  • Das BMF veröffentlicht einen Nichtanwendungserlass als entsprechendes Schreiben im Bundessteuerblatt, begleitet von einer Begründung.
  • Der Nichtanwendungserlass ist verfassungsrechtlich legitim und nicht verfassungswidrig.

BFH-Urteile sind jedoch nicht immer für alle ähnlich gelagerten Fälle in Stein gemeißelt. Denn das Bundesfinanzministerium (BMF) kann einen sogenannten Nichtanwendungserlass verfügen. Mit diesem Instrument ordnet das BMF an, dass die Finanzämter eine vom Bundesfinanzhof getroffene Entscheidung nicht über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus anwenden dürfen.

Wie kommt es zu einem Nichtanwendungserlass?

Das BMF als oberste Finanzbehörde prüft regelmäßig die höchstrichterlichen Entscheidungen des BFH. Kommt es dabei zu der Meinung, ein Urteil sei nicht ohne Weiteres auf andere Fälle übertragbar, ordnet es mit einem Nichtanwendungserlass an, dass die Finanzämter die Entscheidung nicht auf andere Fälle anwenden sollen. Das geschieht, indem der Nichtanwendungserlass durch ein entsprechendes BMF-Schreiben im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird. Das BMF muss dabei begründen, warum es sich für einem Nichtanwendungserlass entschieden hat.

Wichtig: Auch Steuerpflichtige können sich im Falle eines Nichtanwendungserlasses nicht auf das entsprechende BFH-Urteil zu einem ähnlichen Fall wie ihrem berufen.

Gibt es Kritik zum Thema Nichtanwendungserlass?

Die Praxis der Nichtanwendungserlasse im Steuerrecht stößt immer wieder auf Kritik. Zum Beispiel weil dadurch die Autorität des BFH untergraben werde, denn schließlich handele es sich bei BFH-Urteilen um höchstrichterliche Entscheidungen, kritisieren manche.

Verfassungsrechtlich ist ein Nichtanwendungserlass des BMF jedoch legitim. Denn eine allgemeinverbindliche Wirkung von Urteilen haben in Deutschland ausschließlich Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, nicht aber die des Bundesfinanzhofs. Und das BMF als oberste Finanzbehörde pocht auf sein Recht und sogar seine Pflicht, BFH-Urteile mit anderen steuerlichen Vorschriften abzugleichen und zu überprüfen.

Mit Blick auf die vergangenen Jahre lässt sich sagen, dass es alles in allem eher selten zu einem Nichtanwendungserlass durch das BMF kommt.

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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