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Was macht der Bundesfinanzhof?

Der Bundesfinanzhof (BFH) ist das höchste Gericht in Deutschland, das sich mit Steuern und Zöllen befasst.

Was macht der Bundesfinanzhof?

Wer sich ungerecht behandelt fühlt, klagt vor Gericht. Weil aber zu so vielen unterschiedlichen Sachverhalten gestritten und geklagt wird, haben wir in Deutschland eine Vielzahl unterschiedlicher  Gerichte – zum Beispiel Sozialgerichte, Arbeitsgerichte, Verwaltungsgerichte und eben auch Finanzgerichte.

Wozu braucht man ein oberstes Finanzgericht?

Streitet sich ein/e Steuerbürger/in mit seinem Finanzamt, kommt der Streitfall erst einmal vors Finanzgericht.

Das Finanzgericht ist die erste Instanz. Ist der/die Bürger/in mit der Entscheidung aus erster Instanz unzufrieden, kann er vor der nächsthöheren Instanz klagen. Das nennen die Jurist/innen "in Revision gehen". Voraussetzung: Die erste Instanz hat die Revision zugelassen. Tut sie das nicht, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde helfen.

In Steuerfragen und Zollangelegenheiten ist der Bundesfinanzhof (BFH) in München die zweite und auch letzte Instanz. Er ist sozusagen der Chef von allen deutschen Finanzgerichten. Der Bundesfinanzhof kann eine Entscheidung aufheben oder abändern, die von einem Finanzgericht getroffen wurde.

Wie arbeitet der Bundesfinanzhof?

Das Steuerrecht ist ziemlich kompliziert. Es behandelt Fragen der Einkommensteuer, aber auch Fragen in der Besteuerung von Unternehmen, Waren und vieles mehr. Um in den vielen unterschiedlichen Einzelfällen auch die bestmögliche Entscheidung treffen zu können, ist sehr viel Spezialwissen über die einzelnen Rechtsgebiete nötig.

Daher arbeiten am BFH elf spezialisierte Abteilungen, die man Senate nennt. Der sechste Senat befasst sich beispielsweise mit Streitfällen zur Lohnsteuer. Der siebte Senat trifft unter anderem Entscheidungen zu Zöllen. Der achte Senat ist zuständig für Klagen zu Einkünften von Selbstständigen.

Jeder Senat hat eine/n vorsitzende/n Richter/in und mehrere Mitglieder, die ebenfalls Richter/innen sind. Sie teilen sich die Streitfälle untereinander auf, für die ihr Senat zuständig ist. Fällen zwei oder mehr Senate widersprüchliche Entscheidungen, tritt der sogenannte Große Senat zusammen.

Übrigens:

Die durchschnittliche Verfahrensdauer sämtlicher Verfahren lag in 2021 bei neun Monaten und laut BFH damit "unter dem langjährigen Durchschnitt der Verfahrensdauer". Bei den Revisionsverfahren lag die durchschnittliche Verfahrensdauer 2021 bei 22 Monaten. Die Bearbeitung der Nichtzulassungsbeschwerden dauerte durchschnittlich sieben Monate.

Welchen Einfluss hat der Bundesfinanzhof?

Beinahe täglich fällt der Bundesfinanzhof neue Urteile. 2021 erledigten die elf BFH-Senate zum Beispiel 1.836 Verfahren. Für Steuerbürger/innen am interessantesten dürften die Entscheidungen des dritten und sechsten Senats sein. Der dritte Senat entscheidet zum Beispiel Fragen zum Ehegatten-Splitting und zum Kindergeld. Der sechste Senat entscheidet Streitfälle im Zusammenhang mit der Lohnsteuer.

Zwar urteilt der BFH wie jedes Gericht nur zu Einzelfällen. Aber die Urteile weisen die Richtung, wie die Finanzbehörden ähnliche oder gleiche Fälle behandeln sollen. Die Juristen und Juristinnen sprechen dann von sogenannten Parallelfällen. Wenn der Bundesfinanzhof beispielsweise eine Entscheidung zum Kindergeld fällt, werden die Finanzämter in der Regel darauf achten, ähnliche Fälle entsprechend dieses Urteils zu behandeln. Das müssen sie nicht tun. Aber so ist die Praxis.

Übrigens:

In der Regel veranstaltet der BFH immer im Frühjahr eine Jahrespressekonferenz, in der der Präsident des BFHs und seine Kolleginnen und Kollegen ihre bemerkenswertesten Fälle des Jahres vorstellten und die aktuelle Geschäftslage vorstellen.

Unsere Grafik zeigt noch einmal im Überblick die einzelnen Streit- und Klageschritte:

Infografik: Was macht der Bundesfinanzhof?

Was ist ein Nichtanwendungserlass?

Bei den Parallelfällen gibt es eine Ausnahme, den Nichtanwendungserlass. Der Nichtanwendungserlass kommt aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) und ergeht an die Finanzämter. Sie werden darin angewiesen, die BFH-Entscheidung nicht auf ähnliche Fälle anzuwenden.

Die Möglichkeit des Nichtanwendungserlasses ist umstritten. Es wird immer wieder kritisiert, dass damit die Politik richterliche Entscheidungen vom Tisch wischen könne, um in der Folge die für den Fiskus nachteilige Gesetzeslage nachzubessern.

So geschehen 2011, als der BFH entschied, dass die Kosten eines Zivilprozesses steuerlich absetzbar sind. Im gleichen Jahr versendete das Bundesfinanzministerium ein Schreiben an die Finanzämter. Darin wurden die Behörden aufgefordert, das Urteil "über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden". 2013 besserte der Gesetzgeber dann bei der Formulierung im Gesetzestext nach. Ergebnis sowohl nach Nichtanwendungserlass als auch bei neuem Gesetz: Nur unter erschwerten Bedingungen sind Prozesskosten von der Steuer absetzbar.

Quellen

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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