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Versorgungsausgleich: Geschiedene teilen ihre Rente

Nach der Scheidung folgt der Versorgungsausgleich. Die Rentenpunkte werden addiert und auf beide Ex-Partner/innen je zur Hälfte verteilt.

Scheidung, nach so langer Zeit – Constanze hat lange über diesen Schritt nachgedacht. Schließlich geht es nicht allein um emotionale Befindlichkeiten, sondern auch um handfeste Zahlen: Constanze war die meiste Zeit während ihrer Ehe Hausfrau und Mutter, sie hat kaum etwas in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Das tun nur Berufstätige. Ihnen wird der gesetzliche Rentenversicherungsbeitrag automatisch vom Gehalt abgezogen.

Jeder Arbeitnehmer hat ein eigenes Entgeltpunkte-Konto

Je nachdem, wie viele Jahre jemand berufstätig war und wie viel er oder sie verdient hat, fällt die Rente niedrig oder hoch aus. Wie hoch die eigene Rente ist, berechnen die Rentenversicherungen anhand der sogenannten Entgeltpunkte – auch Rentenpunkte genannt. Seit Juli 2023 ist ein Entgeltpunkt für Ruheständler/innen 37,60 Euro wert – egal in welchem Bundesland. Von Juli 2022 bis Juni 2023 lag der Wert noch bei 36,02 Euro im Westen und 35,52 Euro im Osten.

Der Wert eines Rentenpunkts wird jedes Jahr zum 1. Juli mittels der Rentenanpassungsformel neu festgesetzt. Weil sich die Höhe der Punkte, aber auch der Verdienst im Lauf eines Berufslebens immer wieder ändern kann, hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer ein eigenes Entgeltpunkte-Konto bei der Rentenversicherung.

"Mütterrente"

3 Rentenpunkte bekommen Mütter für jedes ihrer Kinder, das ab dem 01. Januar 1992 geboren wurde. Für Kinder mit einem Geburtstag vor 1992 gibt es maximal 2,5 Rentenpunkte aufs Entgeltpunkte-Konto.
Haben Väter die hauptsächliche Erziehungsarbeit geleistet, können Sie beantragen, dass sie die "Mütterrente" bekommen.


Trotz "Mütterrente" (siehe Infokasten) ist Constanzes Konto ziemlich dünn, weil sie so gut wie gar nicht berufstätig war. Dementsprechend ist ihr Rentenanspruch sehr gering. Von was soll sie im Alter leben?

Geschiedene machen Halbe – Halbe

Seit dem 1. September 2009 ist das Gesetz zum Versorgungsausgleich neu geregelt: Lassen sich Eheleute scheiden, wird alles, was während der Ehe für die Altersvorsorge angespart wurde, zusammengerechnet und je zur Hälfte geteilt – und zwar bereits bei der Scheidung und nicht erst beim Eintritt ins Rentenalter. Damit hat der Gesetzgeber das Prinzip der "internen Teilung" festgelegt und das ist sogar steuerfrei. Constanze und Steffen werden daher jede gesetzliche oder private Rente, in die sie während ihrer Ehe eingezahlt haben, teilen.

Beispielrechnung: 30 Rentenpunkte hat Steffen auf seinem Konto sammeln können. Multipliziert mit dem ab 1. Juli 2023 gültigen Wert eines Entgeltpunktes in Höhe von 37,60 Euro ergeben sich 1.128 Euro, die Steffen als Rentner zustehen. Auch in eine betriebliche Altersvorsorge hat Steffen investiert, die zum Zeitpunkt der Scheidung einen Wert von 30.000 Euro hat. Durch den Versorgungsausgleich, also die „interne Teilung", muss Steffen 12 Rentenpunkte an Constanze abgeben: Sie hatte bereits 6 Entgeltpunkte auf Ihrem Rentenkonto, zusammen mit den 12 Punkten von Ihrem Ex-Mann besitzt Constanze nun 18 Entgeltpunkte, genau wie Steffen. Zudem bekommt Constanze die Hälfte von Steffens Betriebsrente im Wert von 15.000 Euro.

Übrigens:

Bei einer Betriebsrente kann die Versicherung verlangen, dass eine Person, die nicht dem Betrieb angehört, ihren Anteil bei einem anderen Versicherer anlegt. Das kann dazu führen, dass wegen der gesunkenen Zinsen letztlich deutlich weniger Rente ausbezahlt wird. Im Mai 2020 hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass diese Vorgehensweise verfassungskonform ist. Allerdings müssten die Familiengerichte sicherstellen, dass die ausgleichsberechtigte Person – in der Mehrzahl sind das die Ehefrauen – nicht zu stark benachteiligt wird, so die Richter/innen. Verluste von mehr als zehn Prozent seien nicht hinnehmbar.

Auszahlung der geteilten Rente ab Renteneintritt

Wie ein Versorgungsausgleich, also eine Teilung der Rentenansprüche bei einer Scheidung, tatsächlich abläuft, entscheidet allein das zuständige Familiengericht. Es stellt fest, wie lange die Ehe gedauert hat und wie viel währenddessen in die Altersvorsorge eingezahlt wurde. In einem entsprechenden Urteil wird festgelegt, welcher Ehegatte wie viele Entgeltpunkte an den anderen abgeben muss.

Die Deutsche Rentenversicherung – hier wird der Rentenanspruch aller Arbeitnehmenden in Deutschland verwaltet – setzt die Beschlüsse der Familiengerichte dann um. Das heißt: Sobald Steffen und Constanze in Rente gehen, erhalten sie ihre "geteilte" Rente.

Übrigens:

Wären Steffen und Constanze weniger als drei Jahre verheiratet gewesen oder wären die Ausgleichsansprüche zu gering, würde sich das zuständige Familiengericht nicht automatisch um einen Versorgungsausgleich kümmern. Constanze müsste einen Antrag stellen, damit das Gericht ihre Ansprüche auf eine interne Teilung berechnet. Daneben hätten Constanze und Steffen aber auch die Möglichkeit, selbst eine Vereinbarung über einen Versorgungsausgleich abzuschließen.

Ausgleichszahlung statt Versorgungsausgleich

Es gibt noch eine andere Möglichkeit, wie Steffen seinen Rentenanspruch mit Constanze teilen kann: Steffen zahlt seine Ex-Frau sozusagen aus. Das heißt, dass er eine einmalige Summe an Constanze zahlt und dafür seine spätere Rente nicht teilen muss. Diese Ausgleichszahlung zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs ist allerdings nicht steuerfrei. Constanze muss die Zahlung als „sonstige Einkünfte" in ihre Steuererklärung eintragen. Dafür darf Steffen die Ausgleichssumme als Sonderausgabe von der Steuer absetzen. Dieses Vorgehen hat sogar der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil bestätigt.

Ob Constanze allerdings verpflichtet ist, dem Sonderausgabenabzug von Steffen zuzustimmen, ist eine Frage des Einzelfalls. In der Regel muss sie nämlich nur ihr Okay geben, wenn ihr zumindest die Nachteile aus der Versteuerung ausgeglichen werden – das nennt sich Nachteilsausgleich. Um Streit darüber zu vermeiden, ist es daher gut, in der Vereinbarung über die Ausgleichszahlung auch die steuerliche Behandlung schriftlich zu regeln. 

Übrigens:

Die Regelung, dass „Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs“ als Sonderausgaben ohne Höchstgrenze abgezogen werden können, gilt seit dem 1. Januar 2015. Gleichzeitig ist der Abzug als vorweggenommene Werbungskosten, der vorher in bestimmten Fällen möglich war, ausgeschlossen worden.

Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich

Manchmal ist es der Fall, dass ein Ehepartner beispielsweise in eine Betriebsrente einzahlt, zum Zeitpunkt der Scheidung jedoch noch nicht die erforderlichen Beitragsmonate erreicht hat. Das heißt: Es steht noch gar nicht fest, ob er oder sie die Rente überhaupt bekommen wird. In solchen Fällen kann bei der Scheidung auch kein Versorgungsausgleich stattfinden. Im Scheidungsurteil steht dann der Begriff „schuldrechtlicher Versorgungsausgleich“. Mit diesem hat man, sobald beide Ex-Partner in Rente gegangen sind, die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich an dieser Stelle nachzuholen.

Auf Antrag errechnet dann das Familiengericht die Höhe der zustehenden und noch nicht ausgeglichenen Rente. Die Einzelheiten dieser Prozedur sind recht kompliziert und viele Menschen vergessen nach ihrer Scheidung auch, dass sie einen Anspruch auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich haben. Ein weiterer Haken: Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist nicht steuerfrei. Der "Nehmer" muss jeden Euro, den er vom Ex-Partner erhält als "sonstige Einkünfte" in der Steuererklärung angeben und versteuern. Dafür kann der "Geber" die Summe als Sonderausgaben von der Steuer absetzen.

Übrigens:

Sinngemäß treffen die Regeln des Versorgungsausgleichs auch für eingetragene Lebenspartnerschaften zu.

Versorgungsausgleich: Bei Beamten gibt es das Quasi-Splitting

Bei Beamten läuft der Versorgungsausgleich anders: Hier wird ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich durchgeführt – das sogenannte Quasi-Splitting. Die Beamtin oder der Beamte richtet dem ausgleichsberechtigtem Ex-Partner eine Anwartschaft auf Altersvorsorge in der gesetzlichen Rentenversicherung ein, und zwar in der Höhe der Hälfte des Wertunterschieds. Das hat im Umkehrschluss zur Folge, dass die Versorgungsbezüge der Beamtin oder des Beamten gekürzt werden.

Übrigens:

Die Beraterinnen und Berater von der VLH unterstützen Sie gerne darin, die für Sie geeignete und steuergünstigste Form der finanziellen Einigung zu finden. Hier können Sie Ihre nächste Beratungsstelle finden und sich im persönlichen Gespräch beraten lassen: Beratersuche.

Da es nicht leicht ist, den Überblick zu behalten, gibt es bei Fragen zur Rente, Rehabilitation und zusätzlichen Altersvorsorge zudem umfangreiche Beratungsangebote der Deutsche Rentenversicherung.

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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