Gerichtskosten von der Steuer absetzen
01.07.2024Im Juni 2015 hat der Bundesfinanzhof (BFH) geurteilt, dass Kosten für einen Zivilprozess im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen sind und damit nicht von der Steuer abgesetzt werden können. Ausnahmen: Der Rechtsstreit berührt "einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens". Ist das der Fall, dürfen die Kosten steuermindernd berücksichtigt werden (Urteil vom 18.06.2015, VI R 17/14).
Wir kam es dazu? Wir erklären es:
Uneinigkeit zwischen BFH und Bundesfinanzministerium
2011 hatte der Bundesfinanzhof zunächst entschieden: Verklagen Sie jemanden zivilrechtlich, können Sie die Anwalts- und Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen – egal, worum es in Ihrer Klage geht (Urteil vom 12.05.2011, VI R 42/10).
Allerdings mussten die folgenden Bedingungen erfüllt sein:
- Sie klagten nicht "mutwillig".
- Der Prozess hatte hinreichend Aussicht auf Erfolg.
Vor diesem Urteil hatten Finanzämter die Kosten für einen Zivilprozess nur in Ausnahmefällen steuerlich anerkannt. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs widersprach daher der bis dahin üblichen Steuerpraxis. Prompt stemmte sich das Bundesfinanzministerium gegen die Ansicht der obersten Finanzrichter/innen mit einem Nichtanwendungserlass.
Ein Nichtanwendungserlass weist die Finanzämter an, das BFH-Urteil nicht zur allgemeinen Grundlage der Steuerpraxis zu machen. Denn normalerweise übernehmen die Finanzämter den Sinn von BFH-Urteilen auf ähnlich gelagerte Fälle automatisch, um künftige Prozesse zu vermeiden. In diesem Fall sollte es aber nicht so sein.
ÜBRIGENS:
Kosten für eine Rechtsschutzversicherung sind absetzbar, wenn der Berufsrechtsschutz abdeckt wird. Der Privatrechtsschutz oder Mietrechtsschutz kann nicht abgesetzt werden.
Gerichtskosten: Neue Gesetz, alte Regel
Nach dem Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministeriums folgte 2013 ein neues Gesetz, das der vom BFH vorgeschlagenen Steuerpraxis widersprach. Darin heißt es wörtlich:
"Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können."
Fazit: Seit dem Veranlagungszeitraum 2013 – also für die Steuererklärungen, die 2014 eingereicht werden – gilt für Gerichtskosten wieder die strengere Regelung. Kosten für einen Zivilprozess sind dann nur noch mit entsprechender Begründung absetzbar. Das gilt seit 2017 auch für eine Scheidung.
ÜBRIGENS:
Einzige Ausnahme bildet hier das Arbeitsrecht, zum Beispiel wenn es um eine Kündigung oder ein schlechtes Zeugnis geht. Kosten eines solchen Zivilprozesses können als Werbungskosten abgesetzt werden.