Stipendium in der Regel steuerfrei
29.05.2025
Exzellente Noten, ein überzeugendes Exposé, Geduld und etwas Glück: Das sind die Grundvoraussetzungen für ein Stipendium. Wer weder eine freie Stelle als wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in bekommt noch berufsbegleitend promovieren möchte, benötigt finanzielle Unterstützung. Viele angehende Promovenden bewerben sich daher um ein Stipendium bei einem der 13 staatlich unterstützten Begabtenförderwerke, bei privaten Stiftungen oder bei Forschungsorganisationen.
Auch Jan hat sich nach Abschluss seines Chemiestudiums entschieden, eine Doktorarbeit zu schreiben. Um das Ganze finanzieren zu können, hat er sich bei einer Stiftung um ein Stipendium beworben. Einige Monate später liegt die schriftliche Zusage in seinem Briefkasten. In den kommenden drei Jahren erhält Jan monatlich 1.050 Euro. Hinzu kommt eine sogenannte Forschungskostenpauschale von 100 Euro. Die Freude ist groß, doch eine Frage bleibt: Muss Jan für das Stipendium Steuern zahlen?
In diesen Fällen ist das Stipendium steuerfrei
Voraussetzung für einen steuerfreien Finanzzuschuss ist, dass das Stipendium zwar die Kosten für den Lebensunterhalt deckt und die Erfüllung der Forschungsaufgabe ermöglicht, in der Summe aber nicht darüber hinaus geht. Es muss laut Einkommensteuergesetz entweder zur Förderung von Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Aus- bzw. Fortbildung dienen. Auch darf der Stipendiat oder die Stipendiatin nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung verpflichtet sein. Da Jans Förderung diese Voraussetzungen erfüllt, ist sein Stipendium steuerfrei.
ÜBRIGENS:
Wenn du für deine Dissertation ein Preisgeld erhälts, musst du das unter Umständen als Arbeitslohn versteuern. Das hat 2020 das Finanzamt Köln entschieden. Weitere Infos dazu liefert unser Artikel Preisgeld für Dissertation nicht steuerfrei.
Ausgleich für frühere Gehaltszahlungen
Wie viel von einem Stipendium steuerfrei bleibt, lässt sich nicht pauschal sagen. Das Finanzgericht Hamburg entschied 2012 in einem Fall, dass eine wissenschaftliche Mitarbeiterin ihr Stipendium von 2.700 Euro nicht komplett steuerfrei behalten darf – 2.000 Euro wurden aber als steuerfrei anerkannt.
Dieses Urteil wurde später vom höchsten deutschen Steuergericht, dem Bundesfinanzhof (BFH), aufgehoben. In seiner Entscheidung von 2015 stellte der BFH fest: Das gesamte Stipendium kann in diesem Fall steuerfrei bleiben. Dabei spielte eine Rolle, wie alt die Stipendiatin war, welche Ausbildung sie hatte und welche Lebenshaltungskosten. Außerdem entsprach das Stipendium ungefähr ihrem früheren Gehalt (Urteil vom 24.02.2015, VIII R 43/12). Das zeigt: Ob und wie viel von einem Stipendium steuerfrei ist, hängt vom Einzelfall ab.
ÜBRIGENS:
Im Gegensatz zu einem normalen Gehalt sind bei einem Stipendium keine Versicherungen enthalten. Weil in Deutschland aber jeder krankenversichert sein muss, müssen sich Stipendiatinnen und Stipendiaten selbst um ihre Krankenversicherung kümmern – entweder gesetzlich oder privat. Ein Vergleich der Angebote verschiedener Krankenkassen kann sich lohnen.
Stipendium ist Zuschuss zum Lebensunterhalt
Das Finanzamt sieht ein Stipendium bei Promovierenden meist nicht als Bezahlung für eine Arbeitsleistung, sondern als Unterstützung für den Lebensunterhalt. Deshalb ist es in der Regel steuerfrei, und es besteht kein steuerpflichtiges Arbeitsverhältnis. Das gilt nicht nur für Promotionsstipendien, sondern auch für viele andere Förderungen – zum Beispiel in den Bereichen Kunst, Literatur, Sport oder für Auslandsaufenthalte. Auch das bekannte Deutschlandstipendium ist meistens steuerfrei.
Aber: Ob ein Stipendium tatsächlich steuerfrei ist, hängt vom Einzelfall ab – also vom Fördergeber, der Höhe und dem Zweck der Zahlung. Im Zweifel kann dein Finanzamt das vorab prüfen und auf Anfrage eine Bescheinigung über die Steuerfreiheit ausstellen.
ÜBRIGENS:
Eltern, deren volljährige Kinder die erste Berufsausbildung oder das erste Studium noch nicht abgeschlossen haben, erhalten bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld in voller Höhe – unabhängig vom Stipendium.
Stipendium: Diese Ausnahmen sind steuerpflichtig
Nicht alle Förderprogramme, die den Titel Stipendium tragen, sind steuerfrei. So zum Beispiel das EXIST-Gründerstipendium. Dieses unterstützt insbesondere Existenzgründungsvorhaben und erfüllt daher nicht den Zweck der Förderung von Forschung und wissenschaftlicher Ausbildung.
Und auch die Stipendien nach dem Heisenberg-Programm sind nicht steuerfrei, wenn sie den Betrag übersteigen, der für Lebensunterhalt und Ausbildungsbedarf erforderlich ist. Die Einnahmen müssen dann vom Stipendiaten bzw. der Stipendiatin als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit versteuert werden. Bleibt die Zahlung allerdings unter dem notwendigen Lebens- und Ausbildungsbedarf, kann auch dieses Stipendium steuerfrei sein (Urteil vom 24.10.2023, VIII R11/22).
Kosten von der Steuer absetzen
Auch wenn du ein Stipendium bekommst, kannst du deine Studien- oder Promotionskosten in der Steuererklärung angeben – aber nur, wenn das Stipendium vor allem deinen Lebensunterhalt abdeckt. Ist es höher als deine normalen Lebenshaltungskosten, musst du den überschüssigen Betrag von deinen Ausbildungskosten abziehen. Nur was du selbst gezahlt hast, zählt dann als Werbungskosten.
Zu kompliziert? Unsere Beraterinnen und Berater kennen sich damit aus und machen dir sogar die Steuererklärung. Einfach über unsere Beratersuche eine Beratungsstelle in deiner Nähe aussuchen!