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Mehrwertsteuer: Was ist das?

Es gibt in Deutschland zwei Mehrwertsteuersätze: sieben und 19 Prozent. Und ganz viel Verwirrung. Wir bringen Licht ins Dunkel.

Mehrwertsteuer: Was ist das?

Ob Rechnung oder Quittung: Wenn Sie in Deutschland eine Ware oder Dienstleistung kaufen, zahlen Sie in der Regel immer auch Umsatzsteuer. Doch unter diesem steuerrechtlich korrekten Namen ist die Steuer den meisten Deutschen gar nicht bekannt, denn sie wird umgangssprachlich viel häufiger Mehrwertsteuer genannt.

Die Mehrwertsteuer, kurz MwSt, ist eine Gemeinschaftsteuer. Das bedeutet, dass die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer Bund, Ländern und Gemeinden gemeinschaftlich zustehen. Bereits 1973 gab der Bundesfinanzhof, Deutschlands höchstes Gericht für Steuern, zu: Die Mehrwertsteuer habe keinen tieferen Sinn, als dem Staat Geld zu bringen. Und das tut sie. Der Staat hat 2023 mit der Umsatzsteuer immerhin 291 Milliarden Euro eingenommen.

Was ist die Mehrwertsteuer?

Jeder Unternehmer und jede Unternehmerin, die in Deutschland eine Ware oder Dienstleistung anbietet, schlägt auf den Nettopreis die Mehrwertsteuer drauf – Ausnahme sind hier nur die Kleinunternehmer. Der bzw. die Endverbraucher/in zahlt den Bruttopreis inklusive der MwSt. Die Mehrwertsteuer fließt allerdings nicht in die Tasche des Unternehmers oder der Unternehmerin. Für ihn bzw. sie ist diese Steuer nur ein durchlaufender Posten, der direkt ans Finanzamt abgeführt wird.

Deshalb zählt die Mehrwertsteuer auch zu den indirekten Steuern. Der/Die Steuerschuldner/in – nämlich der/die Unternehmer/in – erhebt zwar die Mehrwertsteuer und führt sie an das Finanzamt ab, tatsächlich zahlt sie aber der/die Endverbraucher/in. Sprich: Der, der die Steuer schuldet, ist nicht der, der sie zahlt. Deshalb auch die Bezeichnung „indirekte Steuer“. Mehr dazu in unserem Artikel Was sind direkte und indirekte Steuern?

ÜBRIGENS:

Kauft ein/e Unternehmer/in für die Fertigung eines Produktes bei einem anderen Unternehmer oder einer anderen Unternehmerin Material ein, muss er bzw. sie natürlich auch Umsatzsteuer zahlen. In diesem Fall heißt sie aber Vorsteuer. Was das bedeutet, erklären wir ausführlich in unserem Artikel Was ist der Vorsteuerabzug?

Wie hoch ist der Mehrwertsteuersatz?

Es gibt unterschiedliche Mehrwertsteuersätze. Die Höhe der Mehrwertsteuer hängt letztlich von der Art des Umsatzes ab. Produkte, die Grundbedürfnisse abdecken, werden mit einem ermäßigten Satz von sieben Prozent besteuert. Dazu zählen unter anderem:

  • Nahrungsmittel (mit Ausnahme von Getränken, Alkohol und Luxusgütern wie Hummer oder Kaviar)
     
  • Verschiedene medizinische Produkte wie Körperersatzstücke
     
  • Kulturgüter wie Zeitschriften, Bücher oder Theaterkarten
     
  • Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel

Bei den meisten anderen Produkten und Dienstleistungen wird der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent fällig.

Einige wenige Berufsgruppen wie zum Beispiel Ärzte und Ärztinnen sind grundsätzlich von der Umsatzsteuerpflicht befreit.

Warum ist die Mehrwertsteuer so kompliziert?

Immer wieder gibt es Überlegungen, wie man die Mehrwertsteuer reformieren könnte, damit es weniger kompliziert wird. Eine Möglichkeit wäre, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz einfach abzuschaffen. Das wäre aber für viele Geringverdiener ein heftiger Schlag. Denn rund 75 Prozent der ermäßigten Artikel sind Lebensmittel.

Also bleibt es vorerst kompliziert. Und um ein kleines Beispiel zu geben, wie kompliziert das Thema Mehrwertsteuersatz tatsächlich ist, schauen wir uns doch mal den Mehrwertsteuer-Irrsinn in Sachen Weihnachtsbaum an.

Infografik: Mehrwertsteuer-Irrsin Weihnachtsbaum


Ganz grundsätzlich fällt für einen echten Weihnachtsbaum der ermäßigte Mehrwertsteuersatz in Höhe von sieben Prozent an.

Ist der Baum künstlich, steht auf dem Kaufbeleg 19 Prozent Mehrwertsteuer.

Bis hierhin ist es noch einfach, oder? Jetzt wird es spannend. Ist der Baum zufällig im Wald gewachsen und wird von einem pauschalierenden Forstwirt – vergleichbar mit einem Kleinunternehmer – verkauft, beträgt die Mehrwertsteuer sogar nur 5,5 Prozent. Hat der pauschalierende Forstwirt allerdings eigens eine Sonderkultur für Weihnachtsbäume angelegt, erhöht sich der Mehrwertsteuersatz auf 9 Prozent.

Es gibt also sage und schreibe vier unterschiedliche Mehrwertsteuersätze beim Kauf eines einfachen Weihnachtsbaums.

ÜBRIGENS:

Ähnlich bizarr ist das Thema Kaffee. Beim Einkauf von Kaffeebohnen steht auf dem Kassenzettel sieben Prozent Mehrwertsteuer. Auf dem Weg zur Arbeit noch schnell ein Kaffee zum Mitnehmen? Gerne, für 19 Prozent Mehrwertsteuer. Außer es ist ein Latte Macciato mit einem Milchanteil von über 75 Prozent. Dann gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent.

Und auch das Frühstück im Hotel bietet noch viel Diskussionsstoff. Denn die Hotelübernachtung liegt bei sieben Prozent Mehrwertsteuer, während das Frühstück mit 19 Prozent zu Buche schlägt. Der Europäische Gerichtshof urteilte allerdings am 18. Januar 2018, dass es bei einer einheitlichen Leistung keine unterschiedlichen Umsatzsteuersätze geben dürfe. Der Steuersatz richte sich nach dem Hauptbestandteil. Hier ist noch keine finale Lösung gefunden.

Seit wann gibt es die MwSt?

Eingeführt wurde die Mehrwertsteuer, wie wir sie heute in Deutschland kennen, am 1. Januar 1968. Der Mehrwertsteuersatz lag damals bei 10 Prozent, der ermäßigte Steuersatz betrug 5 Prozent.

Wird die Mehrwertsteuer regelmäßig erhöht?

Ja, seit 1968 ist die Mehrwertsteuer mehrfach erhöht worden. Der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent ist allerdings schon seit 1983 unverändert. Die Entwicklung der Mehrwertsteuer im Überblick:

Ab Reguläre MwSt. Ermäßigte MwSt.
01.01.1968 10 Prozent 5 Prozent
01.07.1968 11 Prozent 5,5 Prozent
01.01.1978 12 Prozent 6 Prozent
01.07.1979 13 Prozent 6,5 Prozent
01.07.1983 14 Prozent 7 Prozent
01.01.1993 15 Prozent 7 Prozent
01.04.1998 16 Prozent 7 Prozent
01.01.2007 19 Prozent 7 Prozent
01.07. bis 31.12.2020
(vorübergehend wegen der Corona-Krise)
16 Prozent 5 Prozent
01.01.2021 19 Prozent 7 Prozent

Übrigens:

Ist ein/e Unternehmer/in zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt, muss er bzw. sie natürlich darauf achten, die richtigen Angaben zu machen. Trägt er bzw. sie auf der Rechnung zum Beispiel sieben Prozent ein, obwohl es hätten 19 Prozent sein müssen, handelt es sich um einen unrichtigen Steuerausweis.

Wo steht Deutschland im europäischen Vergleich?

Jeder EU-Mitgliedsstaat entscheidet selbst, wie hoch die Mehrwertsteuer ausfällt. Mit 19 Prozent regulärem Mehrwertsteuersatz ist Deutschland dabei eher im unteren Drittel angesiedelt. Viele EU-Nachbarn wie Tschechien, Lettland, Belgien und die Niederlande setzen auf 21 Prozent. Spitzenreiter sind unter anderem Dänemark und Kroatien mit 25 Prozent.

Übrigens:

Im englischsprachigen Ausland stolpert man immer mal wieder über den Begriff VAT. VAT steht für value added taxes, also die Mehrwertsteuer.

Muss ich auch auf Waren aus dem EU-Ausland MwSt zahlen?

Ja, und zwar seit 1. Juli 2021 auf alle Waren, egal wie teuer sie sind. Vorher gab es eine Freigrenze, die Einkäufe unter 22 Euro von der Umsatzsteuerpflicht befreit hat. Diese Grenze wurde allerdings abgeschafft. Das heißt: Wenn Sie online kleinere Waren in zum Beispiel China oder den USA bestellen, muss der Händler bzw. die Händlerin auch 19 oder 7 Prozent Mehrwertsteuer draufgeschlagen. Für einen Online-Einkauf beim asiatischen Technikanbieter von 20 Euro werden also zukünftig 23,80 Euro fällig. Und handelt es sich um ein Buch oder Lebensmittel müssen Sie satt 20 Euro nun 21,40 Euro zahlen. Zusätzlich zu dieser neuen Regelung sollen die versteckten Zusatzkosten (Anmeldung beim Zoll oder Servicegebühren) wegfallen. Das heißt: Der angegebene Preis muss der Endpreis sein und die Transparenz der Kosten wird für die Kundinnen und Kunden erhöht.

Übrigens:

Haben Sie als Verbraucher/in Waren aus der EU bestellt, waren schon immer die Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer des jeweiligen Landes im Preis enthalten. Die jetzt neue Regelung bezieht sich also explizit auf den Warenimport aus dem (umsatzsteuerlichen) Drittland, also aus den Ländern, die nicht zur EU gehören. Der Zoll, der gesondert erhoben wird, gilt weiter nur für Waren mit einem Wert ab 150 Euro.

Quellen

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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