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Zeitarbeit und Leiharbeit: Diese Kosten können Sie absetzen

Leiharbeiter/innen und Zeitarbeiter/innen werden typischerweise von ihrem Arbeitgeber bzw. ihrer Arbeitgeberin an Kunden "verliehen". Das bringt steuerliche Besonderheiten mit sich.

Rund 830.000 Zeitarbeiter/innen oder Leiharbeiter/innen waren laut Bundesagentur für Arbeit 2022 in Deutschland tätig. Die meisten davon im Bereich Verkehr und Logistik (Post/Zustellung/Lagerwirt) oder in der Metallerzeugung (Metallbearbeitung/-bau). Es gibt aber auch viele weitere Branchen, die mit Arbeitnehmerüberlassung arbeiten.

Zeitarbeiter/innen oder Leiharbeiter/innen springen ein, wenn Arbeitsspitzen, Urlaubszeiten oder einzelne Projekte nicht mit der festen Belegschaft zu bewältigen sind. Das Besondere: Sie sind Angestellte einer Zeitarbeitsfirma mit der sie einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, bringen ihre Arbeitsleistung aber nicht bei der Zeitarbeitsfirma ein, sondern immer bei einem Kunden ihres Arbeitgebers bzw. ihrer Arbeitgeberin.

Die Zeitarbeitsfirma tritt also als Verleiherin auf und überlässt den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin für eine bestimmte Zeit einem Kunden oder einer Kundin. Leiharbeit oder Zeitarbeit wird daher auch etwas umständlich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet. Die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin liegen immer beim Verleiher bzw. der Verleiherin und nicht bei dem Unternehmen, bei dem der Zeitarbeiter oder die Zeitarbeiterin tatsächlich arbeitet.

Übrigens:

Es gibt keinen Unterschied zwischen Leiharbeit, Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung. Es sind lediglich unterschiedliche Begriffe, die aber das Gleiche meinen.

Steuerliche Vorteile für Leiharbeiter

Leiharbeiter/innen können sehr unterschiedliche Arbeitsverträge mit ihrer Zeitarbeitsfirma haben. Typischerweise haben sie keinen festen Arbeitsplatz, sind bei verschiedenen Kunden sowie Kundinnen und damit an verschiedenen Arbeitsorten beschäftigt. Das hat steuerliche Vorteile:

  • Mit der sogenannten Kilometerpauschale – auch Dienstreisepauschale genannt – kann ein/e Zeitarbeiter/in jeden einzelnen Kilometer der Hin- und Rückfahrt zum Einsatzorten mit 30 Cent pro gefahrenen Kilometer absetzen. 
  • Auch der Verpflegungspauschbetrag steht Leiharbeiter/innen zu, die mehr als acht Stunden von Zuhause weg sind. Das gilt aber nur in den ersten drei Monaten an jeder neuen Einsatzstelle. Zeitarbeiter/innen, die weniger als acht Stunden am Tag von Zuhause weg sind, haben kein Anrecht auf einen Verpflegungsmehraufwand.

WICHTIG:

Die Kilometerpauschale und der Verpflegungspauschbetrag können nur in Anspruch genommen werden, wenn es sich bei der Zeitarbeit um eine sogenannte Auswärtstätigkeit handelt. Seit 2014 gelten hier neue Regeln: Demnach sind Leiharbeiter/innen, nicht mehr automatisch auswärts tätig, sondern können, je nach der im Arbeitsvertrag festgelegten Dauer der Beschäftigung, auch beim Kunden bzw. der Kundin der Zeitarbeitsfirma eine sogenannte erste Tätigkeitsstätte haben. Und die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte können immer nur mit der Pendlerpauschale abgesetzt werden. Das heißt: Das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte muss im Einzelfall geprüft werden.

Wann ein Zeitarbeiter dauerhaft beschäftigt ist

Zeitarbeiter/innen, die folgende Kriterien erfüllen, sind nicht auswärts tätig, sondern dauerhaft beschäftigt und können daher nicht von steuerlichen Vorteilen profitieren:

  • Sie arbeiten länger als 48 Monate bei einem Kunden oder einer Kundin.
  • Sie sind für die gesamte Dauer eines betrieblichen Dienstverhältnisses angestellt
    (z. B. bei von vornherein befristeten Projekten).
  • Sie sind unbefristet beim Kunden bzw. einer Kundin tätig ("bis auf Weiteres").

In diesem Zusammenhang ist entscheidend, welche Zuordnung im Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma festgelegt ist. Hat ein Leiharbeiter beispielsweise einen unbefristeten Vertrag mit einer Zeitarbeitsfirma geschlossen, ist aber befristet bei einer Kundin angestellt, so stimmt die Vertragsdauer zwischen Zeitarbeitsfirma und Kundin nicht überein. Es ist somit keine Dauerhaftigkeit gegeben und die Arbeit bei der Kundin gilt als Auswärtstätigkeit – mit allen Vorteilen. 

Ein Beispiel:

Andreas ist Industriemechaniker, wohnt in Tübingen und arbeitet bereits seit ein paar Jahren für eine Zeitarbeitsfirma. Zurzeit ist er als Leiharbeiter bei einem großen Automobilhersteller in Stuttgart tätig. Täglich pendelt er die Strecke von etwa 40 Kilometern. Seine Beschäftigung bei dem Automobilhersteller ist vorübergehend und dauert weniger als 48 Monate. Andreas kann daher die Fahrtkosten nach Stuttgart mit der Dienstreisepauschale absetzen, das heißt: 80 Kilometer für jeden Arbeitstag. 

  • Würde der Vertrag über die Arbeit bei dem Automobilhersteller einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten vorsehen, so läge keine Auswärtstätigkeit vor und der Arbeitsplatz in Stuttgart wäre die erste Tätigkeitsstätte von Andreas. Das heißt: Er könnte lediglich die Fahrtkosten für 40 Kilometer pro Arbeitstag berechnen. 
  • Die Dienstreisepauschale und weitere steuerliche Vergünstigungen würde Andreas ebenfalls nicht erhalten, wenn er von der Zeitarbeitsfirma ausschließlich für ein zeitlich befristetes Projekt bei dem Automobilhersteller eingestellt wird und das Arbeitsverhältnis als Zeitarbeiter nach Abschluss des Projektes endet. Es klingt widersprüchlich: Aber steuerlich gesehen, ist die Tätigkeit dann nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt.
  • Wäre Andreas über die Zeitarbeitsfirma "bis auf Weiteres" bei dem Automobilhersteller beschäftigt und wäre gleichzeitig auch sein Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma unbefristet, so wäre der Arbeitsplatz in Stuttgart seine erste Tätigkeitsstätte. Das heißt: Andreas müsste seine Fahrtkosten genau wie seine fest angestellten Kollegen mit 30 Cent für die einfache Fahrt berechnen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Formulierung "bis auf Weiteres" nämlich eine Zuordnung ohne Befristung und damit dauerhaft. 

Urteil: Erste Tätigkeitsstätte bei Leiharbeit

Das Finanzgericht Niedersachsen sprach sich in einem Urteil 2016 deutlich gegen die unbefristete Tätigkeit von Zeitarbeitern aus. Laut Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei eine dauerhafte Zuordnung bei einem Kunden oder einer Kundin nicht möglich und die häufige Formulierung "bis auf Weiteres" würde nicht zu einer unbefristeten Tätigkeit führen. Damit stellte sich das Gericht gegen die bis dahin angewendete Praxis. Im Klartext: Leiharbeiter/innen, die "bis auf Weiteres" in ihrem Vertrag stehen haben, dürfen ihre Fahrten zur Arbeit mit der Dienstreisepauschale absetzen.

Der Bundesfinanzhof entschied daraufhin 2019 (Aktenzeichen VI R 6/17): Bei Leiharbeitern und Leiharbeiterinnen ist zwischen den einzelnen Zuordnungen zu unterscheiden. Wurde der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin also im Rahmen eines befristeten Arbeits- oder Dienstverhältnisses bereits einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet und wird ihm bzw. ihr im weiteren Verlauf einer anderen Tätigkeitsstätte zugeordnet, ist die zweite Zuordnung nicht mehr dauerhaft. Fazit: Der Leiharbeitnehmer bzw. die Leiharbeitnehmerin kann ab dann die kompletten Fahrtkosten absetzen, also sowohl Hin- und Rückfahrt. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Befristung zeitgleich oder später verlängert wird. Erst bei einem neuen Beschäftigungsverhältnis kann auch wieder eine neue erste Tätigkeitsstätte festgelegt werden – mit allen steuerliche Konsequenzen.

Ein Beispiel: 

Katja ist befristet bei einem Verleiher beschäftigt und wird als Leiharbeiterin vom 1.1.2023 bis zum 30.06.2023 bei einer Firma in Göttingen eingesetzt. Ab dem 1.7.2023 bis zum Ende ihres befristeten Dienstverhältnisses ist Katja dann im Werk einer Firma in Hamburg tätig. Das führt dazu, dass sie nur bei der Firma in Göttingen eine erste Tätigkeitsstätte begründen kann, nicht aber bei der Firma in Hamburg. 

Übrigens:

Sie sind sich nicht sicher, ob Sie als Zeitarbeiter von steuerlichen Vergünstigungen profitieren können? Bei dieser und allen weiteren Fragen zum Thema Zeitarbeit und Leiharbeit helfen unsere Beraterinnen und Berater Ihnen weiter. Hier finden Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe: Beratersuche.

 

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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