Was ist der Solidaritätszuschlag?
Wer Soli zahlen muss, wie das funktioniert und wann der Zuschlag abgeschafft wird – wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Seit 1991 bekommen Arbeitnehmer/innen in Deutschland Monat für Monat den Solidaritätszuschlag als Zusatzabgabe automatisch vom Gehalt abgezogen. Im Jahr 2020 waren das immerhin 5,5 Prozent der Lohnsteuer. Das hatte allerdings 30 Jahre später ein Ende: Von 2021 an fiel der Soli für rund 90 Prozent der Steuerzahler/innen weg.
Wer muss den Solidaritätszuschlag zahlen?
Grundsätzlich jede/r, der bzw. die in Deutschland arbeitet und Geld verdient. Aber wie immer im Steuerrecht gibt und gab es zahlreiche Ausnahmen. So zahlten zum Beispiel bis 2020 Geringverdiener/innen keinen oder nur einen reduzierten Solidaritätszuschlag.
Ab 2021 wurde die jährliche Freigrenze, bis zu der kein Soli anfällt, deutlich erhöht. Den Solidaritätszuschlag zahlen aktuell nur noch Gutverdiener/innen ab einer Einkommensteuer von 17.534 Euro im Jahr. Für Verheiratete steigt der Grenzbetrag auf 35.086 Euro im Jahr 2023.
Das heißt: Nur noch wenige Prozent der Steuerzahler/innn müssen den Soli seit 2021 in voller Höhe zahlen. Das ist dann der Fall, wenn das zu versteuernde Einkommen 2022 über 96.800 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 193.600 Euro (Verheiratete) lag, so die Berechnung des Bundesfinanzministeriums (BMF).
Übrigens:
Der Soli entfällt nicht für Kapitalerträge oberhalb des Sparerpauschbetrags von 801 Euro (ab 2023: 1.000 Euro). Und auch wenn der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin eine pauschale Lohnsteuer (zum Beispiel 15 oder 25 Prozent) abführt, fallen darauf weiterhin 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag an.
Wie wird der Soli berechnet?
Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 Prozent der Lohnsteuer. Nehmen wir einmal an, Gutverdiener Jonas bekommt 10.000 Euro brutto im Monat. Als Single in Steuerklasse I (1) zahlt Jonas monatlich 2.861,83 Euro Lohnsteuer. Um die Höhe des Solidaritätszuschlags zu berechnen, geht Jonas wie folgt vor:
5,5 % von 2.861,83Euro = 157,40 Euro
Spitzenverdiener Jonas bekommt also ganz automatisch monatlich rund 157,40 Euro Soli von seinem Gehalt abgezogen.
Wer muss keinen Solidaritätszuschlag zahlen?
Geringverdiener/innen zahlten bis 2020 keinen Soli-Zuschlag. Das hieß: Wenn die Lohnsteuer eines Singles nicht höher als 972 Euro im Jahr war, fiel kein Solidaritätszuschlag an. Für Ehepaare galt der doppelte Wert, also 1.944 Euro. Wer mit seinem Einkommen nur knapp über dieser sogenannten Nullzone lag, zahlte einen „gemilderten“ Solidaritätszuschlag – der Soli stieg in einem Übergangsbereich langsam auf 5,5 Prozent an. Das war der Fall, wenn die Lohnsteuer eines Singles jährlich zwischen 973 und 1.340 Euro lag. Auch hier galt für Ehepaare der doppelte Wert.
Seit 2021 wurden rund 90 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerzahler/innen, die bisher mit dem Soli belastet waren, vollständig von der Zahlung befreit, weitere 6,5 Prozent zahlen weniger. Das heißt: Die Milderungszone bleibt und die Freigrenzen wurden deutlich angehoben. Statt unter 972 Euro muss ein Single 2023 nun unter 17.543 Euro Lohnsteuer im Jahr bleiben, um keinen Solidaritätszuschlag zahlen zu müssen. Für Eheleute bzw. Personen in Steuerklasse III (3) gilt der doppelte Wert, also 35.086 Euro.
Etwas geringer belastet werden seit 2021 rund 6,5 Prozent der Steuerzahler/innen mit "etwas" höheren Einkünften. Das heißt: Wer über die Freigrenze kommt, landet – wie zuvor auch – in einer sogenannten Milderungszone. Dort wird der Soli nicht sofort in voller Höhe fällig. Je höher das Einkommen allerdings steigt, desto mehr sinkt die Entlastung, bis am Ende 5,5 Prozent Soli gezahlt werden müssen.
Übrigens:
Auf der Seite des Bundesfinanzministeriums können Sie sich ausrechnen lassen, wie viel Soli Sie seit 2021 sparen. Sie müssen lediglich angeben, wie Ihr Einkommen veranlagt wird und wie hoch Ihr zu versteuerndes Jahreseinkommen ist.
Werden bei der Berechnung des Soli Kinder berücksichtigt?
Ja, Kinder spielen bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags eine Rolle. Die Arbeitgeber/innen berechnen bei Beschäftgten mit eingetragenen Kinderfreibeträgen den Soli nicht anhand der tatsächlichen Lohnsteuer, sondern auf Grundlage einer fiktiven Lohnsteuer. Die Berechnung ist kompliziert, da neben dem Kinderfreibetrag auch der Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung berücksichtigt werden.
Wieso zahlen wir den Solidaritätszuschlag?
Viele Deutsche verknüpfen den Soli eng mit dem Aufbau Ost. Doch eingeführt wurde der Solidaritätszuschlag 1991 unter Bundeskanzler Helmut Kohl für einen anderen Zweck: Deutschland hatte im Zweiten Golfkrieg rund 17 Milliarden DM der Kosten seiner NATO-Partner/innen übernommen. Durch den zunächst auf ein Jahr befristeten Solidaritätszuschlag sollten 22 Milliarden DM in die Kassen gespült werden, um diese Kosten zu decken. Und nicht nur diese: Das Geld wurde auch als Unterstützung der Länder in Mittel-, Ost- und Südeuropa gebraucht, ebenso wie für die neuen Bundesländer.
Mitte der 1990er Jahre, als langsam klar wurde, dass die Wiedervereinigung mehr Gelder benötigt als geplant, wurde der Solidaritätszuschlag zu einer Zusatzabgabe zur Finanzierung der deutschen Einheit.
Die Höhe des Solidaritätszuschlags lag bei seiner Einführung 1991 bei 7,5 Prozent. Zwischen 1992 und 1994 wurde kein Soli erhoben. Bei seiner Wiedereinführung 1995 wurde er wieder bei 7,5 Prozent festgesetzt. Seit 1998 liegt die Zusatzabgabe konstant bei 5,5 Prozent.
Übrigens:
Der Solidaritätszuschlag brachte bis 2021 jährlich rund 13 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt ein. Viele Deutsche glauben, dass Geld fließe komplett in den Aufbau Ost – ein Mythos. Das Geld ist nicht zweckgebunden, kann also auch für andere Zwecke verwendet werden.
Ist der Solidaritätszuschlag verfassungswidrig?
Diese Frage und viele Klagen beschäftigen seit vielen Jahren die deutschen Gerichte. So ist zum Beispiel das Niedersächsische Finanzgericht davon überzeugt, dass der Soli verfassungswidrig ist und hat zum zweiten Mal das Bundesverfassungsgericht um Entscheidung gebeten (Aktenzeichen 2 BvL 6/14).
Die Richter/innen aus Niedersachsen sind überzeugt, dass der Soli gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt. Denn Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen wird bei „gleichgelagerten Sachverhalten“ – also bei gleicher Steuerlast – ein Solidaritätszuschlag in unterschiedlicher Höhe berechnet. Grund dafür sind sogenannte Anrechnungsvorschriften bei der Festsetzung der Einkommensteuer, zum Beispiel bei ausländischen Einkünften. Berufstätige, die in Deutschland leben und arbeiten, zahlen einen höheren Soli als Kollegen und Kollfeginnen, die beispielsweise als Grenzgänger/innen bei einer Zweigstelle desselben Arbeitgebers im Ausland arbeiten. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht nach wie vor aus.
Übrigens:
Im Juli 2020 wies das Finanzgericht Nürnberg eine entsprechende Musterklage vorerst ab, da es unter anderem die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger nicht teilte. Die Kläger sind nun vor den Bundesfinanzhof (BFH), das oberste Gericht für Steuerfragen, gezogen (Aktenzeichen IX R 15/20). Die Entscheidung wird voraussichtlich Ende Januar 2023 verkündet werden. Ist der BFH der Ansicht, die Regelungen zum Solidaritätszuschlag sind verfassungswidrig, wird er das Verfahren aussetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Nur dieses ist befugt, die Verfassungsgemäßheit von Gesetzen zu beschließen.
Wird der Soli bald abgeschafft?
Seit 2021 fällt der Soli für rund 90 Prozent der Steuerzahler/innen weg. Das heißt: Nur die rund zehn Prozent Topverdiener/innen müssen den Zuschlag weiterhin teilweise oder voll weiterzahlen.
Während die Union den Soli ganz abschaffen wollte, hatte die SPD darauf gedrängt, dass Gutverdiener/innen nicht durch einen Komplett-Wegfall entlastet werden. Wenn der Soli ganz abgeschafft werde, dann nur, wenn im Gegenzug der Spitzensteuersatz steige. Dagegen hatte sich die Union wiederum ausgesprochen. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner setzt sich für eine Abschaffung des Soli ein. Es bleibt also spannend.
Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.