Wie funktioniert das mit dem Kinderfreibetrag?
Der Staat unterstützt Eltern mit dem sogenannten Kinderfreibetrag: 8.548 Euro im Jahr 2022 werden pro Kind vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und mindern so die Einkommensteuer. Ab 2023 sind es 8.952 Euro.

Der Kinderfreibetrag ist – wie der Name schon sagt – ein Freibetrag, der allen Frauen und Männern mit leiblichen und adoptierten Kindern sowie – je nach Betreuungsumfang – mit Pflegekindern zusteht. 8.548 Euro bzw. 8.952 Euro pro Kind und Jahr werden dabei vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und wirken sich bei der Berechnung der Einkommensteuer steuermindernd aus. Das ist der so genannte Kinderfreibetrag 2022 bzw. 2023 inklusive dem Erziehungs- oder Betreuungsfreibetrag. Damit will der Staat erreichen, dass Eltern genug Geld übrig bleibt, um für ihre Kinder Dinge wie Essen, eine Wohnung, Betreuung oder eine Ausbildung zahlen zu können.
Genau den gleichen Zweck hat auch das Kindergeld: Für jedes Kind bekommen Eltern seit dem 1. Januar 2023 einheitlich 250 Euro, und zwar jeden Monat steuerfrei. Sowohl Kindergeld als auch Kinderfreibetrag sind also steuerbegünstigt. Der große Unterschied ist aber: Das Kindergeld zahlt der Staat jeden Monat an die Eltern aus, den Kinderfreibetrag nicht. Stattdessen zieht das Finanzamt die 8.548 Euro bzw. 8.952 Euro Kinderfreibetrag pro Kind bei der Abgabe der Steuererklärung vom zu versteuernden Einkommen ab – es handelt sich also um eine fiktive Rechengröße.
Übrigens:
Was umgangssprachlich als Kinderfreibetrag bezeichnet wird, ist genau genommen eine Summe aus zwei Freibeträgen: dem eigentlichen Kinderfreibetrag von 5.620 Euro für 2022 (6.024 Euro für 2023) plus dem Freibetrag für Betreungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf für Kinder (BEA) von 2.928 Euro für 2022 sowie 2023, die bei der Einkommensteuerveranlagung zusammengezogen werden.
Was gilt für mich, Kindergeld oder Kinderfreibetrag?
Eltern dürfen nur eine Form der Steuererleichterung bekommen: Kindergeld oder Kinderfreibetrag. Wenn Sie Ihre Steuererklärung ans Finanzamt abgegeben haben, prüfen deshalb die Finanzbeamte, was für Sie günstiger ist und womit Sie der Staat finanziell mehr unterstützt ("Günstigerprüfung").
Sie möchten einen schnellen Überblick zum Thema Kinderfreibetrag? Schauen Sie sich unser Video an:
Wie rechnet das Finanzamt?
Wir erklären es an einem Beispiel für das Jahr 2022: Nehmen wir einmal an, zwei Vollzeit arbeitende Ehepartner/innen mit kleinem Sohn haben ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro, das sie versteuern müssen. Das Finanzamt berechnet jetzt, wie viel Steuern sie bezahlen müssten, und zwar erst ohne und dann mit dem Kinderfreibetrag.
Ohne den Kinderfreibetrag müssten sie 6.986 Euro Steuern (ohne Solidaritätszuschlag) zahlen. Mit dem Kinderfreibetrag werden von den 50.000 Euro die 8.548 Euro abgezogen, damit schrumpft ihr zu versteuerndes Einkommen für das Jahr 2022 auf 41.452 Euro. Dann müssten sie nur noch rund 4.658 Euro Steuern zahlen.
Steuer ABC
Und jetzt kommt der eigentliche Knackpunkt: Die Differenz zwischen den Steuern, die sie mit und ohne Kinderfreibetrag bezahlen müssten, beträgt 2.328 Euro. So viel Steuern würden sie also mit dem Kinderfreibetrag sparen.
In den letzten zwölf Monaten haben sie aber insgesamt 2.628 Euro Kindergeld plus 100 Euro Kinderbonus für Ihren Sohn bekommen – das ist mehr, als sie durch den Kinderfreibetrag sparen. Der Freibetrag ist also finanziell ungünstiger für sie. Deshalb rechnet der Finanzbeamte für sie nicht mit dem Kinderfreibetrag.
Unsere Infografik zeigt Ihnen anschaulich, wie so eine Rechnung in Sachen Kinderfreibetrag aussehen kann:
Kann ich mir den Kindergeld-Antrag sparen, wenn sich für mich der Kinderfreibetrag sowieso mehr lohnt?
Das Kindergeld wird Ihnen nach der Geburt Ihres Kindes nicht automatisch aufs Konto überwiesen. Stattdessen müssen Sie den Staat informieren, dass Sie Nachwuchs bekommen haben. Zuständig dafür sind die Familienkassen. Sie als Eltern müssen lediglich das nötige Formular ausfüllen und den Geburtsschein Ihres Kindes vorlegen. Seit 1. Januar 2018 kann das Kindergeld allerdings nur noch sechs Monate rückwirkend ausbezahlt werden.
Unser Tipp: Auch wenn Sie sicher sind, dass bei Ihnen der Kinderfreibetrag angewendet wird, sollten Sie auf jeden Fall Kindergeld beantragen. Denn erstens bekommen Sie das Kindergeld jeden Monat auf Ihr Konto überwiesen und nicht erst am Ende des Jahres rückwirkend angerechnet. Zweitens geht das Finanzamt bei allen Eltern davon aus, dass sie Kindergeld beantragt und erhalten haben und rechnet diesen Betrag bei der Steuererklärung mit ein – ganz gleich, ob Sie es tatsächlich beantragt haben oder nicht. Denn dafür sind Sie nämlich selbst verantwortlich.
Wem steht der Kinderfreibetrag zu?
Der Kinderfreibetrag steht beiden Elternteilen je zur Hälfte zu – und zwar in der Regel bis das Kind 18 ist. Sollte Ihr Kind eine Ausbildung machen oder studieren, dann können Sie bis zum 25. Geburtstag Ihres Kinder mit dem Kinderfreibetrag rechnen. Auf Antrag kann der Kinderfreibetrag auch auf einen Stiefeltern- oder Großelternteil übertragen werden, wenn das Kind bei einem von ihnen lebt.
Übrigens:
Mit einem Schreiben vom 17. Januar 2014 hat das Bundesfinanzministerium klar gestellt, dass die Gleichstellung von Lebenspartner/innen mit Eheleuten auch bei der Übertragung und Gewährung von Kinderfreibeträgen greift. Das bedeutet: Adoptieren eingetragene Lebenspartner/innen gemeinsam ein Kind oder adoptiert ein/e Lebenspartner/in das Kind des anderen Lebenspartners bzw. der anderen Lebenspartnerin, stehen beiden Adoptiveltern Kinderfreibeträge zu. Das Gleiche gilt auch für Stiefeltern, wenn ein Stiefelternteil das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Wie errechnet sich der Kinderfreibetrag bei mehreren Kindern?
Eltern erhalten für jedes Kind einen vollen Kinderfreibetrag. Diesen teilen sie sich nach dem sogenannten Halbteilungsprinzip. Bei verheirateten Paaren, die beide die Steuerklasse IV (4) haben, wird der gleiche Kinderfreibetrag angerechnet. Hier wird bei einem Kind der Zähler 1,0 und bei zwei Kindern entsprechend der Zähler 2,0 für jedes Elternteil angerechnet. Bei Eheleuten mit den Steuerklassen III (3) und V (5) hingegen wird der gesamte Kinderfreibetrag komplett bei dem/der Partner/in mit der Steuerklasse III (3) berücksichtigt. Für unverheiratete Paare mit der Steuerklasse I (1) oder II (2) gilt pro Kind der Zähler 0,5.
Wie verteilt sich der Kinderfreibetrag bei Trennung oder Scheidung?
Im Falle einer Trennung oder Scheidung gilt: Bei beiden Eltern wird der Kinderfreibetrag jeweils zur Hälfte berücksichtigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kinder beim Vater oder bei der Mutter leben. Kommt ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht zu mindestens 75 Prozent nach, dann werden dem betreuenden Elternteil die vollen 8.388 Euro angerechnet.
Wie funktioniert eine Übertragung des Kinderfreibetrags?
Wie schon erwähnt, steht eigentlich beiden Elternteilen der Kinderfreibetrag zu. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Kinderfreibetrag aber auch auf einen Elternteil übertragen werden.
Für eine Übertragung...
- müssen beide Elternteile eine getrennte Einkommensteuererklärung abgeben.
- muss der antragstellende Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung erfüllen – das ist in der Regel der Fall, wenn das Kind bei diesem Elternteil lebt.
- muss der andere Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung weniger als 75 Prozent nachkommen oder nicht unterhaltspflichtig sein.
Konsequenz des Ganzen: Wird der Kinderfreibetrag auf einen Elternteil übertragen, bekommt dieser Elternteil auch den Ausbildungsfreibetrag.
Eine Übertragung des Kinderfreibetrags ist auch auf Stiefeltern oder Großeltern möglich. Voraussetzung ist, dass das Kind in deren Haushalt lebt, oder sie gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig sind.
Übrigens:
In unserem Nachbarland Österreich gibt es neben dem Kinderfreibetrag und dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der dort allerdings Alleinerzieherabsetzbetrag heißt, auch noch den Alleinverdienerabsetzbetrag. Dieser ist als Entlastung für Familien mit mindestens einem Kind gedacht, in denen nur ein Elternteil berufstätig ist beziehungsweise der andere Elternteil sehr geringe Einkünfte hat. Diesen Absetzbetrag für Alleinverdiener/innen gibt es in Deutschland nicht.
Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.