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1,8 Prozent Zinsen auf Steuerschulden

Vergeht bis zur Bekanntgabe eines Steuerbescheids viel Zeit, werden Zinsen fällig. Seit 2022 gibt es dafür einen neuen Zinssatz.

Vergeht sehr viel Zeit bis zur Bekanntgabe eines Steuerbescheids, werden Zinsen fällig. Der Zinslauf beginnt sowohl für Nachzahlungszinsen als auch für Erstattungszinsen 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres.

Schulden Sie also dem Finanzamt Geld, wird nach Ablauf der 15 Monate ein Zins von 0,15 Prozent pro Monat fällig – also insgesamt 1,8 Prozent pro Jahr. So wurde es 2022 von der Bundesregierung beschlossen, nachdem der alte Zinssatz 2021 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft worden war (Aktenzeichen 1 BvR 2237/14 u.a.). Am 8. Juli 2022 hat der Bundesrat dem zugestimmt.

Abgabenordnung

Die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen sind in §233 der Abgabenordnung genau geregelt.


Abgabenordnung: Das müssen Sie wissen


Die Gesetzesänderung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 für alle Nachzahlungszinsen und Erstattungszinsen.

Das heißt: Haben Sie keine Schulden beim Finanzamt sondern bekommen Geld zurück, ist das eine steuerliche Erstattung. Erhalten Sie den Steuerbescheid erst 15 Monate nach Ablauf des Besteuerungsjahres, bekommen Sie dafür Erstattungszinsen in gleicher Höhe – also auch 0,15 Prozent pro Monat bzw. 1,8 Prozent pro Jahr

Zins von Sechs Prozent – das war einmal

Vor dem Urteil des Bundesverfassungsgereichts forderten die Finanzämter nach Ablauf der 15 Monate einen Zins von 0,5 Prozent pro Monat ein – also sechs Prozent pro Jahr.

Der für heutige Verhältnisse hoch anmutende Zinssatz war vor 60 Jahren festgelegt worden und stand seit dem Beginn der Niedrigzinsphase ständig in der Kritik. Mit dem Urteil aus Karlsruhe wurde der Gesetzgeber 2021 verpflichtet, eine Neuregelung zu treffen, die rückwirkend die betreffenden Verzinsungen ab dem Jahr 2019 erfasst. Dies ist nun geschehen.

Übrigens:

Geklagt hatten zwei Firmen, deren Gewerbesteuer nach der Zinsberechnung viel höher als erwartet ausgefallen war. Das Urteil betrifft aber auch Nachzahlungszinsen bei Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Körperschaft- sowie Vermögensteuer und damit fast alle Gruppen von Steuerzahler/innen.

BFH hatte 2018 die Zinsen auf Steuernachzahlungen ausgesetzt

Auch der Bundesfinanzhof (BFH), Deutschlands oberstes Gericht für Steuerfragen, hatte 2018 in einem Urteil entschieden, dass die hohen Nachzahlungszinsen verfassungswidrig sind. Sechs Prozent im Jahr wurden als „realitätsfern“ eingestuft, und daher wurde in diesem konkreten Fall die Vollziehung der Nachzahlungszinsen ab 2015 ausgesetzt (Aktenzeichen IX B 21/18). Begründung: Wegen der Niedrigzinsphase verstoße der hohe Zinssatz seit 2015 gegen den in Artikel 3 des Grundgesetzes verankerten allgemeinen Gleichheitssatz. Eigentlich sollten die Zinsen den finanziellen Vorteil ausgleichen, den Steuerzahler/innen haben, wenn sie die Zahlungen hinauszögern. Allerdings sei dieser Vorteil nicht mehr gegeben, denn der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) liege bereits seit 2011 bei unter einem Prozent, so der BFH.

Übrigens:

Zuvor hatten andere Senate des BFH die hohen Zinsen noch als verfassungsgemäß eingestuft und entsprechende Klagen abgewiesen. Dabei ging es jedoch um Zinsforderungen älter als 2015 (Aktenzeichen IX R 31/13 und Aktenzeichen III R 10/16).

 

 

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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