Steuer-ABC

Zwangsgeld und Ersatzzwangshaft im Steuerrecht – was ist das?

31.05.2024
Das Finanzamt kann unter bestimmten Voraussetzungen Zwangsgeld anordnen und sogar Ersatzzwangshaft beantragen. Aber was heißt das?

Wer mit Blick auf die Abgabe der Steuererklärung allzu nachlässig ist, muss unter Umständen mit einem Verspätungszuschlag rechnen. Allerdings haben die Finanzbehörden noch unangenehmere Pfeile im Köcher – und zwar das Zwangsgeld sowie die sogenannte Ersatzzwangshaft. Dabei handelt es sich um weitere Druckmittel, die in der Abgabenordnung (AO) festgeschrieben sind. Hier erfahren Sie, in welchen Fällen das Finanzamt zu diesen Mitteln greifen darf und welche Konsequenzen sich daraus für betroffene Steuerzahler/innen ergeben.

Wann darf das Finanzamt Zwangsgeld verlangen?

Wenn Sie zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind, müssen Sie bestimmte Fristen einhalten. Mehr dazu erfahren Sie in unseren Artikeln Wer muss eine Steuererklärung abgeben? und Bis wann muss die Steuererklärung abgegeben werden?

Halten Sie sich nicht an die Frist und haben auch auf mögliche weitere Aufforderungen des Finanzamts nicht reagiert, müssen Sie mit einer schriftlichen Zwangsgeldandrohung rechnen. Dabei wird Ihnen das Finanzamt eine letzte Frist zur Abgabe setzen – und wenn Sie kein Geld zu verschenken haben, sollten Sie diese unbedingt einhalten. Denn damit können Sie das Zwangsgeld doch noch abwenden. Regieren Sie auf diese letzte Frist allerdings ebenfalls nicht, wird das angekündigte Zwangsgeld festgesetzt.

Jetzt schnell tätig werden!

Wenn Zwangsgeld angedroht wird, sollten Sie schnell handelt und spätestens jetzt steuerliche Beratung suchen, zum Beispiel bei uns, der VLH. Unserer Beraterinnen und Berater kümmern sich gerne um die Erstellung Ihrer Steuererklärung. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie hier:

Es gibt weitere Fälle, bei denen das Finanzamt ein Zwangsgeld zuerst androhen und letztendlich auch festsetzen und einfordern kann. Das sind sogenannte erzwingbare Verwaltungsakte im Besteuerungsverfahren.

Zwangsgeld kann zum Beispiel angedroht werden, wenn Sie das Finanzamt auffordert:

  • eine Steuererklärung abzugeben;
  • Auskünfte zu erteilen;
  • Urkunden vorzulegen;
  • eine Außenprüfung zu dulden und dabei mitzuwirken;
  • ein Betreten von Grundstücken und Räumen zu erlauben;
  • eine Drittschuldnererklärung abzugeben.

ÜBRIGENS:

Geben Sie trotz der Androhung von Zwangsgeld keine Steuererklärung ab, kann das Finanzamt eine Steuerschätzung vornehmen. Das befreit Sie aber weder von der Zahlung des Zwangsgelds noch von der Abgabe der Steuererklärung.

Wie hoch darf das Zwangsgeld sein?

Bei der Höhe des Zwangsgelds hat das Finanzamt einen Ermessensspielraum. Es wird sich normalerweise daran orientieren, ob Sie in der Vergangenheit immer oder überwiegend pünktlich Ihre Steuererklärung abgegeben haben, oder ob Sie regelmäßig zu spät dran waren und möglicherweise wiederholt an die Angabe erinnert werden mussten. Letztendlich richtet sich das Zwangsgeld nach dem Einzelfall und muss angemessen sein. Es darf also in der Höhe nicht willkürlich festgesetzt werden. Je nach Situation kann es aber ziemlich teuer werden: Bis zu 25.000 Euro darf das Zwangsgeld betragen. Und das mehrfach hintereinander und sogar mit ansteigenden Beträgen.

Wichtig: Sind Sie mit der Androhung von Zwangsgeld oder mit der Höhe des Zwangsgelds nicht einverstanden, können Sie dagegen Einspruch erheben. Denn Sie haben „Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung“. 

Wann droht eine Ersatzzwangshaft?

Hat der/die Steuerpflichtige alle Fristen und Erinnerungen verstreichen lassen und ist das festgesetzte Zwangsgeld aus Sicht des Finanzamts „uneinbringlich“, das heißt nicht einzuziehen, droht dem oder der Betroffenen nach Paragraf 334 der Abgabenordnung eine Ersatzzwangshaft. Heißt im Klartext: Der oder die Steuerpflichtige läuft Gefahr, ins Gefängnis zu kommen. Auf diese Möglichkeit muss das Finanzamt aber bereits bei der Zwangsgeld-Androhung hingewiesen haben.

Natürlich kann die Finanzbehörde die Ersatzzwangshaft nicht eigenständig anordnen, sondern muss diese beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Die Richter/innen prüfen dann, ob tatsächlich eine Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds vorliegt. Zum Beispiel weil keine Geld da ist und/oder eine Pfändung nicht erfolgreich war. Im Finanzamt-Jargon heißt es dann, dass der Vollstreckungsversuch misslungen ist und/oder die Vollstreckung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Amtsgericht kann zur weiteren Klärung auch noch den/die Steuerpflichtige/n zu einer Anhörung laden.

Wie lange dauert eine Ersatzzwangshaft?

Kommt das Gericht zur Überzeugung, dass das Zwangsgeld uneinbringlich und somit eine Ersatzzwangshaft angemessen ist, erteilt es dem zuständigen Finanzamt eine sogenannte vollstreckbare Ausfertigung – in dem Fall also einen Haftbefehl. Allerdings heißt das noch immer nicht, dass der beziehungsweise die Betroffene tatsächlich in Haft muss. Denn nun muss ihm oder ihr das Finanzamt nochmals die Gelegenheit geben, das Zwangsgeld zu bezahlen. Lässt er oder sie auch diese Chance ungenutzt, kann das Finanzamt beim Amtsgericht die Verhaftung beantragen.

Die Länge der Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag und höchstens zwei Wochen. Da es sich bei der Ersatzzwangshaft nicht um eine strafrechtliche Verurteilung handelt, gibt es dafür auch keinen Eintrag ins Vorstrafenregister, also keine Vorstrafe.

Ist mit einer Ersatzzwangshaft die Sache erledigt?

Klare Antwort: Nein, auch wenn ein/e Steuerpflichtige/r wegen eines nicht bezahlten Zwangsgelds im Gefängnis war, muss er beziehungsweise sie immer noch die steuerlichen Pflichten erfüllen. Ein Beispiel: Sie haben ein Zwangsgeld aufgebrummt bekommen, weil Sie trotz wiederholter Aufforderung Ihre Steuererklärung nicht abgegeben haben. Das Finanzamt konnte von Ihnen das Zwangsgeld nicht vollstrecken, und letztendlich haben Sie dafür eine Woche im Gefängnis eine Ersatzzwangshaft abgesessen. Das ursprüngliche Zwangsgeld müssen Sie nun nicht mehr bezahlen. Aber Ihre Steuererklärung müssen Sie trotzdem noch abgeben. Und tun Sie das wieder nicht, kann Sie das Finanzamt erneut zu Zwangsgeld verdonnern – und im schlimmsten Fall nimmt alles nochmals den gleichen Weg und Sie landen erneut im Gefängnis.

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