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Zwangsgeld und Ersatzzwangshaft im Steuerrecht – was ist das?

Das Finanzamt kann unter bestimmten Voraussetzungen Zwangsgeld anordnen und sogar Ersatzzwangshaft beantragen. Aber was heißt das?

Zwangsgeld und Ersatzzwanghaft im Steuerrecht – was ist das?

Wer mit Blick auf die Steuererklärung allzu nachlässig ist, muss unter Umständen mit einem Verspätungszuschlag rechnen. Allerdings haben die Finanzbehörden noch unangenehmere Pfeile im Köcher – und zwar das Zwangsgeld sowie die sogenannte Ersatzzwangshaft. Dabei handelt es sich um weitere Druckmittel, die in der Abgabenordnung (AO) festgeschrieben sind. Hier erfahren Sie, in welchen Fällen das Finanzamt zu diesen Mitteln greifen darf und welche Konsequenzen sich daraus für betroffene Steuerzahler/innen ergeben.

Wann darf das Finanzamt Zwangsgeld verlangen?

Wenn Sie zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind, müssen Sie bestimmte Fristen einhalten. Mehr dazu erfahren Sie in unseren Artikeln Wer muss eine Steuererklärung abgeben? und Bis wann muss die Steuererklärung abgegeben werden?. Haben Sie die Frist zur Abgabe verstreichen lassen und auch auf mögliche weitere Aufforderungen des Finanzamts nicht reagiert, müssen Sie mit einer schriftlichen Zwangsgeldandrohung rechnen. Dabei wird Ihnen das Finanzamt eine letzte Frist zur Abgabe setzen – und wenn Sie kein Geld zu verschenken haben, sollten Sie diese unbedingt einhalten. Denn damit können Sie das Zwangsgeld doch noch abwenden. Versäumen Sie diese letzte Frist allerdings ebenfalls, wird das angekündigte Zwangsgeld festgesetzt.

Es gibt weitere Fälle, bei denen das Finanzamt ein Zwangsgeld androhen und letztendlich auch festsetzen und erheben kann, wenn der oder die betroffene Steuerzahler/in darauf nicht reagiert. Das sind sogenannte erzwingbare Verwaltungsakte im Besteuerungsverfahren.

Zwangsgeld kann zum Beispiel angedroht werden, wenn Sie das Finanzamt auffordert:

  • eine Steuererklärung abzugeben;
  • Auskünfte zu erteilen;
  • Urkunden vorzulegen;
  • eine Außenprüfung zu dulden und dabei mitzuwirken;
  • ein Betreten von Grundstücken und Räumen zu erlauben;
  • eine Drittschuldnererklärung abzugeben.

Übrigens:

Geben Sie trotz der Androhung von Zwangsgeld keine Steuererklärung ab, kann das Finanzamt eine Steuerschätzung vornehmen. Das befreit Sie aber weder von der Zahlung des Zwangsgelds noch von der Abgabe der Steuererklärung.

Wie hoch darf das Zwangsgeld sein?

Bei der Höhe des Zwangsgelds hat das Finanzamt einen Ermessensspielraum. Es wird sich normalerweise daran orientieren, ob Sie in der Vergangenheit immer oder überwiegend pünktlich Ihre Steuererklärung abgegeben beziehungsweise weitere Mitwirkungspflichten erfüllt haben, oder ob Sie regelmäßig zu spät dran waren und möglicherweise wiederholt daran erinnert werden mussten, Ihre Pflichten zu erfüllen. Letztendlich richtet sich das Zwangsgeld nach dem Einzelfall und muss angemessen sein, darf also in der Höhe nicht willkürlich festgesetzt werden. Je nach Situation kann es aber ziemlich teuer werden: Bis zu 25.000 Euro darf das Zwangsgeld betragen.

Wichtig: Sind Sie mit der Androhung von Zwangsgeld oder mit der Höhe des Zwangsgelds nicht einverstanden, können Sie dagegen Einspruch erheben. Denn Sie haben „Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung“. 

Wann droht eine Ersatzzwangshaft?

Hat der/die Steuerpflichtige alle Fristen verstreichen lassen und ist das festgesetzte Zwangsgeld aus Sicht des Finanzamts „uneinbringlich“, das heißt nicht einzuziehen, droht dem oder der Betroffenen nach Paragraf 334 der Abgabenordnung eine Ersatzzwangshaft. Heißt im Klartext: Der oder die Steuerpflichtige läuft Gefahr, ins Gefängnis zu kommen. Auf diese Möglichkeit muss das Finanzamt aber bereits bei der Zwangsgeld-Androhung hingewiesen haben.

Natürlich kann die Finanzbehörde die Ersatzzwangshaft nicht eigenständig anordnen, sondern muss diese beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Die Richter/innen prüfen dann, ob tatsächlich eine Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds vorliegt. Zum Beispiel weil der Vollstreckungsversuch misslungen ist und/oder die Vollstreckung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Amtsgericht kann zur weiteren Klärung auch noch den/die Steuerpflichtige/n zu einer Anhörung laden.

Wie lange dauert eine Ersatzzwangshaft?

Kommt das Gericht zur Überzeugung, dass das Zwangsgeld uneinbringlich und somit eine Ersatzzwangshaft angemessen ist, erteilt es dem zuständigen Finanzamt eine sogenannte vollstreckbare Ausfertigung – in dem Fall also einen Haftbefehl. Allerdings heißt das noch immer nicht, dass der beziehungsweise die Betroffene tatsächlich in Haft muss. Denn nun muss ihm oder ihr das Finanzamt nochmals die Gelegenheit geben, das Zwangsgeld zu bezahlen. Lässt er oder sie auch diese Chance ungenutzt, kann das Finanzamt beim Amtsgericht die Verhaftung beantragen.

Die Länge der Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag und höchstens zwei Wochen. Da es sich bei der Ersatzzwangshaft nicht um eine strafrechtliche Verurteilung handelt, gibt es dafür auch keinen Eintrag ins Vorstrafenregister, also keine Vorstrafe.

Ist mit einer Ersatzzwangshaft die Sache erledigt?

Klare Antwort: Nein, auch wenn ein/e Steuerpflichtige/r wegen eines nicht bezahlten Zwangsgelds im Gefängnis war, muss er beziehungsweise sie dennoch die Pflichten erfüllen, für deren bisheriges Nichterfüllen er beziehungsweise sie das Zwangsgeld auferlegt bekommen hatte. Ein Beispiel: Sie haben ein Zwangsgeld aufgebrummt bekommen, weil Sie trotz wiederholter Aufforderung Ihre Steuererklärung nicht abgegeben haben. Das Finanzamt konnte von Ihnen das Zwangsgeld nicht vollstrecken, und letztendlich haben Sie dafür eine Woche im Gefängnis eine Ersatzzwangshaft abgesessen. Das ursprüngliche Zwangsgeld müssen Sie nun nicht mehr bezahlen. Aber Ihre Steuererklärung müssen Sie trotzdem noch abgeben. Und tun Sie das wieder nicht, kann Sie das Finanzamt erneut zu Zwangsgeld verdonnern – und im schlimmsten Fall nimmt alles nochmals den gleichen Weg und Sie landen erneut im Gefängnis.

Übrigens:

Sie möchten eine Einkommensteuererklärung abgeben oder sind sogar dazu verpflichtet? Dann sollten Sie das nicht auf die lange Bank schieben. Unserer Beraterinnen und Berater helfen Ihnen gerne, und eine Beratungsstelle finden Sie auch in Ihrer Nähe: Beratersuche

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Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

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