Was ist eine Steuerschätzung?
29.09.2025
Eine Steuerschätzung droht, wenn das Finanzamt die Steuern nicht genau oder gar nicht berechnen kann – beispielsweise, weil keine oder eine unvollständige Steuererklärung eingereicht wurde. Das Finanzamt ist in solchen Fällen laut Paragraf 162 der Abgabenordnung verpflichtet, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen.
Die Steuerschätzung ist das letzte Mittel, das das Finanzamt einsetzt. Sie wird nur dann angewendet, wenn Steuerpflichtige trotz schriftlicher Aufforderung keine Einkommensteuererklärung einreichen. Auch wenn eine unvollständige Steuererklärung abgegeben wird und die fehlenden Angaben oder Belege nicht nachgereicht werden, kann das Finanzamt eine Schätzung vornehmen.
Um das zu vermeiden, lohnt es sich, rechtzeitig eine vollständige Steuererklärung abzugeben – das ist meistens einfacher als gedacht.
Wie schätzt das Finanzamt die Steuerschuld?
Die Finanzbeamten und -beamtinnen orientieren sich bei einer Schätzung an verschiedenen Faktoren:
- Einkommen früherer Jahre: Wenn in der Vergangenheit Steuererklärungen abgegeben wurden, dienen diese als Basis für die Schätzung.
- Vorliegende Daten: Über die sogenannte vorausgefüllte Steuererklärung liegen beispielsweise Angaben von Behörden oder Arbeitgebenden vor.
- Vergleichswerte: Besonders bei Selbstständigen und Unternehmern oder Unternehmerinnen werden branchenspezifische Erfahrungswerte herangezogen, um die Schätzung so realistisch wie möglich zu gestalten.
Muss man die Steuerschätzung akzeptieren?
Nein, aber dann sollte man unbedingt tätig werden. Denn die Steuerschätzung befreit Sie nicht von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Deshalb gilt Folgendes: Erhalten Sie vom Finanzamt einen Schätzungsbescheid, sollten Sie innerhalb eines Monats Einspruch einlegen und zudem Ihre Steuererklärung beziehungsweise fehlende Unterlagen nachreichen. Allein das Nachreichen von Angaben ist kein automatischer Einspruch.
Wichtig: Reichen Sie Ihren Einspruch erst nach einem Monat ein, wird er vom Finanzamt nicht mehr akzeptiert. Dann wird der Schätzbescheid rechtskräftig, und Sie müssen die darin errechnete Steuerschuld auf jeden Fall begleichen – auch wenn diese möglicherweise höher ausfällt. Nur wenn für eine Steuerschätzung der sogenannte „Vorbehalt der Nachprüfung“ gilt, kann der Schätzbescheid auch später zu Ihrem Vorteil geändert werden.
Und wenn die Steuerschätzung zu niedrig ausfällt?
Nehmen wir mal an, Sie haben vom Finanzamt eine Steuerschätzung erhalten. Sie sehen, dass die Steuerschuld darauf niedriger ausfällt, als wenn Sie jetzt tatsächlich noch eine Steuererklärung abgeben würden. Da könnten Sie auf den Gedanken kommen: Dann akzeptiere ich den Bescheid doch lieber und spare dadurch Geld. Doch das ist keine gute Idee: Eine Steuererklärung müssen Sie trotzdem abgeben beziehungsweise fehlende Angaben nachliefern.
Wichtig: Auch nach einer Schätzung ist man verpflichtet die Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Daher kann das Finanzamt eine Schätzung sogar wiederholen für das gleiche Jahr. Zusätzlich können Strafen wie Zwangsgeld und Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Und zahlt man die festgesetzte Steuerschuld nicht, kommt auch noch einen Säumniszuschlag oben drauf.