Beratersuche starten
Berater suchen

Wie funktioniert die Abgeltungssteuer?

Anleger/innen müssen auf Kapitalerträge wie Zinsen oder Dividenden 25 Prozent Abgeltungssteuer zahlen. Wir erklären, wie das funktioniert.

Eine Geschichte aus der Vergangenheit, als es noch richtig gut Zinsen aufs Sparbuch gab: Fast ihr ganzes Leben hat Florians Oma auf ein Sparbuch einbezahlt. Nach ihrem Tod vererbt sie ihrem Enkel 60.000 Euro. Florian muss keinen Cent einzahlen, damit sich Omas Erbe vermehrt: Auch wenn die Bank nur 1,7 Prozent Zinsen zahlt, sind das immerhin 1.020 Euro jährlich. Dieses Geld ist Florians "Kapitalertrag" – und dafür muss er unter Umständen Abgeltungssteuer zahlen. Außerdem werden der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer fällig. 

Was sind "Kapitalerträge"?

Zu den gängigsten Kapitalerträgen gehören:

  • Zinsen, zum Beispiel vom Sparbuch oder Girokonto, sowie Tagesgeldzinsen
  • Dividenden, zum Beispiel aus Aktien, Genossenschaftsanteilen oder GmbH-Anteilen,
  • Erträge aus Zertifikaten, zum Beispiel auf Rohstoffe, Währungen oder Fonds,
  • Wertzuwächse beim Verkauf von Aktien oder Investmentanteilen, also wenn eine Aktie günstig gekauft und teuer verkauft wird - dann gilt die Gewinnspanne als Wertzuwachs.

Für diese Kapitalerträge müssen Sie als Anleger/in beziehungsweise Besitzer/in die einheitliche Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zahlen.

Übrigens:

Bankgebühren beim Kauf oder Transaktionskosten beim Verkauf von Aktien können Sie von Ihrem Gewinn abziehen. Das verringert den Gewinn und damit die zu zahlende Steuer.

Bis 2009 zahlten Anleger/innen je nach Geldanlage eine variierende Kapitalertragsteuer

Was ist durch die Abgeltungssteuer anders als früher?

Zwei entscheidende Dinge haben sich geändert, seit die Abgeltungssteuer am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist: Erstens müssen Steuerzahler wie Florian einheitlich 25 Prozent Steuern auf Kapitalerträge zahlen. Zweitens sind Anleger/innen grundsätzlich nicht mehr zur Abgabe der Anlage KAP verpflichtet, wenn schon Abgeltungssteuer einbehalten wurde. Aber in manchen Fällen muss die Anlage KAP ausgefüllt werden und in anderen lohnt sich die Abgabe sogar, dazu später mehr.

Für Florian und alle anderen Steuerzahler/innen bringt die Abgeltungssteuer mehr Übersichtlichkeit. Denn vor 2009 waren manche Kapitalerträge steuerpflichtig, andere steuerfrei; manche waren in voller Höhe, manche nur zur Hälfte steuerpflichtig und für viele galten unterschiedliche Steuersätze. Jeder Kapitalertrag musste außerdem einzeln in den vielen Formularen der Steuererklärung angegeben werden.

Das ist heute anders: Die Abgeltungssteuer wird von deutschen Banken automatisch an das Finanzamt überwiesen – also von dort, wo der Kapitalertrag und die fällige Steuer entstehen. Dieses Prinzip nennt man Quellensteuer. In Florians Fall erstellt die Bank, bei der das Sparbuch liegt, jedes Jahr eine Übersicht über alle Kapitalerträge und schickt sie ihm zu. Gleichzeitig überweist sie die fällige Abgeltungssteuer direkt an das zuständige Finanzamt.

Wird auch Solidaritätszuschlag fällig?

Tatsächlich ist es nur mit der Abgeltungssteuer nicht getan – der Solidaritätszuschlag, kurz Soli, fällt ebenfalls an. Der Soli liegt bei 5,5 Prozent und wird auf die 25 Prozent Abgeltungssteuer erhoben, die Sie für Ihre Kapitalerträge zahlen müssen. Ohne Kirchensteuer erhöht sich der Steuerbetrag zum Beispiel für Florians jährliche Sparbuch-Zinsen auf 26,375 Prozent. Der Soli wird von der Bank oder auch dem Finanzamt berechnet.

Die Formel zur Berechnung des Solidaritätszuschlags für die Abgeltungssteuer sieht also wie folgt aus:

(0,25 x 5,5) % + 25 % = 26,375 % 

Was ist mit der Kirchensteuer?

Florian ist katholisch. Das bedeutet, dass er neben der Abgeltungssteuer und dem Soli auch Kirchensteuer für seine Kapitalerträge zahlen muss. Doch Florian muss sich, wie jeder andere Steuerzahler auch, um nichts kümmern. Denn seit 2015 besorgen sich die Banken die Kirchenzugehörigkeit Ihrer Kunden über das Bundeszentralamt für Steuern. Dann zieht das Geldinstitut die Kirchensteuer automatisch von den Kapitalerträgen ab und leitet sie an das zuständige Finanzamt weiter.

Wer sich nun für die Berechnung interessiert, dem sei gesagt: Es ist kompliziert. Denn die Abgeltungssteuer wird ermäßigt um 25 Prozent der auf die Kapitalerträge entfallenen Kirchensteuer.

So lauten die entsprechenden Formeln zur Berechnung:

Abgeltungssteuer = Kapitalerträge : (4 + ein Hundertstel des Kirchensteuersatzes)

Kirchensteuer = Kapitalertragsteuer x Kirchensteuersatz

Ein Beispiel:

Florian ist katholisch und lebt in Rheinland-Pfalz. Er zahlt also 9 Prozent Kirchensteuer. Nehmen wir an, Florian hat gerade ein Aktienpaket verkauft und kann 10.000 Euro Gewinn verbuchen.

Ohne die pauschale Ermäßigung – im Fachjargon "pauschaler Sonderausgabenabzug" – würde Florian 2.500 Euro Abgeltungssteuer (25 Prozent) und 225 Euro Kirchensteuer (9 Prozent) auf seine 10.000 Euro zahlen müssen, also insgesamt 2.725 Euro Steuern.

Mit der pauschalen Ermäßigung fällt die Rechnung etwas günstiger für ihn aus:

Abgeltungssteuer = 10.000 Euro : (4 + 0,09) = 2.445 Euro
Kirchensteuer = 2.445 Euro x 0,09 = 220 Euro
Insgesamt also 2.665 Euro. Das sind 60 Euro weniger, als wenn er keine pauschale Ermäßigung erhielte.

Übrigens:

Bis 2015 mussten sich Anleger/innen selbst um die Kirchensteuer kümmern. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder trug man die Kirchensteuer in die Anlage KAP ein, oder man erteilte der Bank einen Auftrag, damit die sich dann kümmerte. Dafür musste der/die Anleger/in bei der Bank allerdings zuerst einen Antrag auf Einbehalt der Kirchensteuer stellen.

Wie hoch sind die Steuern für Kapitalerträge also insgesamt?

Die Gesamtbelastung bei Kapitalerträgen zeigt Ihnen unsere Tabelle übersichtlich auf einen Blick:

Kirchensteuer: 8 % (Bayern/BaWü) 9 % (restliche Bundesländer) keine Kirchensteuer
       
Abgeltungssteuer: 100 : 4,08 = 24,51 % 100 : 4,09 = 24,45 % 25 %
       
Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer 1,96 % 2,20 % ---
       
Soli (5,5%): 1,35 % 1,34 % 1,38 %
Abgeltungssteuer insgesamt: 27,82 % 27,99 % 26,38 %

In welchen Fällen muss die Anlage KAP ausgefüllt werden?

Es gibt ganz bestimmte Kapitalerträge, die Florian – und damit auch jede/r andere Steuerzahler/in – auf jeden Fall in der Einkommensteuererklärung eintragen muss, nämlich

  • von Auslandskonten,
  • Erstattungszinsen vom Finanzamt,
  • sowie Zinsen aus einem Darlehen an Privatpersonen.

Diese Kapitalerträge kann Florians Bank nicht erfassen und die dafür fällige Abgeltungssteuer deshalb nicht ans Finanzamt überweisen. Florian muss das Finanzamt selbst über seine Kapitalerträge informieren, indem er sie in seiner Steuererklärung angibt. Genau wie auf andere Kapitalerträge erhebt das Finanzamt darauf 25 Prozent Abgeltungsteuer.

Wann lohnt sich die Abgabe der Anlage KAP?

In drei Fällen lohnt sich das Ausfüllen der Anlage KAP:

  1. Der persönliche Steuersatz eines Anlegers bzw. einer Anlegerin ist niedriger als die 26,375 Prozent Abgeltungssteuer inkl. Soli.
  2. Die Freistellungsaufträge bei mehreren Banken waren falsch oder gar nicht verteilt und bei einer Bank ist dadurch Abgeltungssteuer angefallen. Durch Abgabe der Anlage KAP bekommt der Anleger bzw. die Anlegerin die zu viel gezahlte Steuer zurück.
  3. Ausländische Quellensteuern sind nicht auf die Abgeltungssteuer angerechnet worden.

Übrigens:

"Abgeltungssteuer" oder "Abgeltungsteuer" - laut Duden sind beide Schreibweisen korrekt, also mit einem einfachen oder mit doppeltem "s".

Gibt es weiterhin Freibeträge?

Früher hieß er noch Sparerfreibetrag, heute heißt er Sparerpauschbetrag – gemeint ist aber weiterhin das Gleiche: Florian darf als Single 1.000 Euro von seinen Kapitalerträgen steuerfrei behalten. Wäre er verheiratet, stünden ihm und seiner Frau oder seinem Mann 2.000 Euro steuerfrei zu. Auf jeden Euro, der über dem Sparerpauschbetrag liegt, muss Florian 25 Prozent Abgeltungsteuer zahlen.

Der Sparerpauschbetrag muss allerdings quasi beantragt werden, entweder über einen Freistellungsauftrag bei jeder Bank, bei der Florian Konten hat oder über eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim zuständigen Finanzamt. Sonst berechnet das Finanzamt die Abgeltungssteuer für die kompletten Kapitalerträge.

Wie wird die Abgeltungssteuer konkret berechnet?

Bleiben wir bei Florians Beispiel:

60.000 Euro Sparguthaben
1,7 Prozent Zinsen, also Kapitalertrag: 1.020 Euro im Jahr
Abzüglich Sparerpauschbetrag 2023: - 1.000 Euro
Restlicher zu versteuernder Kapitalertrag: 20 Euro
Abgeltungssteuer: 4,89 Euro
Zuzüglich Soli: 0,27 Euro
Zuzüglich Kirchensteuer (9 Prozent): 0,44 Euro
5,60 Euro Abgeltungssteuer inkl. Zusatzsteuern

Übrigens:

Die Abgeltungssteuer ist ein recht komplexes Thema. Für die Beraterinnen und Berater der VLH gehört es zum Tagesgeschäft, in Sachen Abgeltungssteuer die für Sie günstigste Lösung zu finden. Über unsere Beratersuche können Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden und einen Termin zum Beratungsgespräch vereinbaren.

Mit anderen teilen

Dies ist ein redaktioneller Text des Redaktionsteams der VLH. Es erfolgt keine Beratung zu Themen, die außerhalb der steuerlichen Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins liegen. Eine Beratungsleistung im konkreten Einzelfall kann nur im Rahmen der Begründung einer Mitgliedschaft und ausschließlich innerhalb der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erfolgen.

Das sagen unsere Mitglieder

★★★★★
★★★★★
4,5 von 5 Sternen
(44.165 Bewertungen)
Die Meinung unserer Mitglieder ist uns wichtig. Daher führen wir regelmäßig Zufriedenheitsumfragen durch. Weitere Informationen